Entschärfter Vorschlag
Trumps "Friedensplan" für die Ukraine: Welche der 28 Punkte bleiben – und was wurde gestrichen?
Aktualisiert:
von Christopher Schmitt:newstime
Ukraine: US- und EU-Plan im Vergleich
Videoclip • 02:31 Min • Ab 12
Kann der russische Angriffskrieg beendet werden? Donald Trumps Plan für einen Waffenstillstand in der Ukraine wurde von Kiew und Europa nachverhandelt. Was von den 28 Punkten bleibt und welche Vorschläge bereits Geschichte sind.
Das Wichtigste in Kürze
Nachdem der 28-Punkte-"Friedensplan" von Donald Trump für die Ukraine vorgelegt worden war, wurde in Genf nachverhandelt.
Europa und der Ukraine ist es gelungen, die ursprünglichen Vorschläge zu entschärfen – Kiew erklärte, man sei sich mit Washington einig.
Hier erfährst du, was im ursprünglichen Papier stand und was mittlerweile überarbeitet oder gestrichen wurde.
Als "russische Wunschliste" hatten die Ukraine und Europa den ursprünglich von US-Präsident Donald Trump vorgelegten 28-Punkte-Plan für vermeintlichen Frieden in der Ukraine geschmäht. Im schweizerischen Genf wurde dieser Entwurf dann mit US-Vertretern nachverhandelt.
Im Anschluss war die Erleichterung über die erreichten Entschärfungen spürbar. Gegenüber der "Financial Times" berichtete der stellvertretende Außenminister der Ukraine, Sergiy Kyslytsya, der Plan sei von 28 auf 19 Punkte eingedampft worden. Kiew erklärte, man sei sich mit den USA einig, finale Entscheidungen zu dem neuen Plan würden von Trump und Wolodymyr Selenskyj getroffen.
Russland hatte den ursprünglichen Plan, welcher der Ukraine emfindliche Zugeständnisse abverlangte, als mögliche Grundlage für Verhandlungen bezeichnet. Vor größeren Aufweichungen zugunsten Kiews warnte Moskau hingegen ausdrücklich.
Doch was genau stand im ursprünglichen Papier? Und welche Punkte wurden gestrichen, beziehungsweise vorerst ausgeklammert?
Alle US-Vorschläge inklusive Updates im Überblick - Kursiv geschriebene Punkte wurden geupdatet oder gestrichen; in gefetteter Schrift werden Änderungen zum ursprünglichen Plan markiert:
Alle 28 Punkte – samt Updates und Streichungen
Die Bestätigung der ukrainischen Souveränität.
Zwischen Russland, der Ukraine sowie Europa wird ein umfangreiches Nichtangriffsabkommen geschlossen. Unklarheiten der vergangenen 30 Jahre gelten als bereinigt.
Die Erwartung wird formuliert, dass Russland auf Angriffe auf Nachbarländer verzichtet – und das NATO-Gebiet nicht vergrößert wird.
GESTRICHEN: Alle Fragen, welche die NATO betreffen, wurden entfernt, das bezieht sich auch auf eine Erweiterung des Bündnis-Gebiets.Die USA nehmen die Vermittlerrolle in einem Dialog zwischen Russland und der NATO ein. Dieser befasst sich mit Sicherheitsfragen und der Schaffung von Bedingungen für eine Deeskalation. Im Blick: Globale Sicherheit, Chancen auf Zusammenarbeit sowie die wirtschaftliche Entwicklung.
GESTRICHEN: Auch hier gilt - NATO-Fragen werden ausgeklammert.Zuverlässige Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
Die Armee der Ukraine soll auf 600.000 Soldat:innen begrenzt werden.
WOHL GESTRICHEN: Laut Kyslytsya zeigte sich die US-Seite bereit, diesen Punkt zurückzuziehen. Diese Zahl stehe nicht mehr zur Debatte.Während die Ukraine zustimmt, der NATO nicht beizutreten, bekräftigt das Verteidigungsbündnis, sie auch in Zukunft nicht aufzunehmen.
GESTRICHEN, da NATO-Bezug.Die NATO stimmt zu, dass keine Truppen in der Ukraine stationiert werden.
GESTRICHEN, da NATO-Bezug.In Polen werden europäische Kampfjets stationiert.
GESTRICHEN: Polens Ministerpräsident Donald Tusk erklärte, dass der Punkt, der sich auch als Forderung nach einem Ende der Luftpatrouillen von NATO-Staaten über den baltischen Staaten interpretieren ließ, gestrichen wurde. Er sei eine "Falle".US-Sicherheitsgarantien für die Ukraine sind an Bedingungen geknüpft (siehe unten).
UPDATE: Die Europäer dringen auf belastbaren Sicherheitsgarantien, welche in der ursprünglichen Fassung noch vermisst wurden.Eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union ist möglich. Während das Thema behandelt wird, erhält das Land kurzfristig einen Präferenzzugang zum EU-Markt.
GESTRICHEN: Punkte, welche die Europäische Union betreffen, finden sich nicht im aktualisierten Plan.Für den Aufbau der Ukraine wird ein umfangreiches globales Maßnahmenpaket geschnürt (siehe unten).
Die Weltwirtschaft nimmt Russland wieder auf (siehe unten).
Die Verwendung eingefrorener Gelder wird geregelt. (siehe unten)
UPDATE: Europa pocht darauf, eingefrorene Vermögenswerte aus Russland für die Ukraine nutzbar zu machen.Um die Einhaltung der Vereinbarungen des Abkommens sicherzustellen, entsteht eine gemeinsame russisch-amerikanische Arbeitsgruppe.
Eine Nichtangriffspolitik gegenüber der Ukraine und Europa wird seitens Russlands gesetzlich festgeschrieben.
Sowohl Russland als auch die USA verlängern Verträge, welche die Nichtverbreitung und Kontrolle von Atomwaffen regeln. Dies gilt auch für den START-I-Vertrag.
Die Ukraine erklärt sich zum nicht-nuklearen Staat. Grundlage ist der Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen (NPT).
Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) öffnet das Atomkraftwerk Saporischschja wieder und übernimmt dessen Aufsicht. Zu 50 Prozent fließt der produzierte Strom in die Ukraine, zu 50 Prozent nach Russland.
Russland und die Ukraine müssen Bildungsprogramme in Schulen und Gesellschaft umsetzen. Ziel ist die Toleranz gegenüber verschiedener Kulturen; Rassismus und Vorurteile sollen bekämpft werden (siehe unten).
Die territoriale Zugehörigkeit der umkämpften Gebiete wird geregelt. (siehe unten)
UPDATE: Die ukrainische Delegation erklärte, sie sei "nicht befugt", Entscheidungen über die Abtretung von Land zu treffen. Hierfür sei ein nationales Referendum nötig. Ohnehin hat die Ukraine ihre roten Linien. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich gegen die Untergrabung von Grenzen aus.Nachdem eine Einigung über die Territorien erzielt wurde, verpflichten sich die Konfliktparteien, keine Gewalt einzusetzen, um die Vereinbarung zu verändern.
Die Ukraine darf den Fluss Dnipro für kommerzielle Zwecke nutzen, Russland wird nicht eingreifen. Der freie Transport von Getreide über das Schwarze Meer wird ebenfalls geregelt.
Ein humanitäres Komitee wird gegründet, um offene Fragen zu klären (siehe unten).
In 100 Tagen wird in der Ukraine gewählt.
Für ihre Handlungen während des Krieges erhalten alle beteiligten Parteien volle Amnestie. Verpflichtung: Auf Ansprüche oder Beschwerden wird in Zukunft verzichtet.
UPDATE: Der Vorschlag wurde laut Kyslytsya so bearbeitet, dass er die "Beschwerden derjenigen, die unter dem Krieg gelitten haben" berücksichtigte.Die Vereinbarung ist rechtlich bindend. Der Friedensrat unter Präsident Donald Trump garantiert seine Umsetzung. Verstöße ziehen Sanktionen nach sich.
Sobald dem Memorandum zugestimmt wird und beide Seiten sich zu den vereinbarten Punkten zurückgezogen haben, tritt der Waffenstillstand in Kraft. Dann wird mit der Umsetzung des Abkommens begonnen.
Die umfangreichsten Punkte im Detail
Die Punkte 10 bis 14 sowie 20, 21 und 24 verfügen über teils pikante Details, die im Folgenden gelistet und teils erläutert werden. Auch hier der Hinweis: Alle Fragen, die die NATO und die EU betreffen, wurden aus dem Entwurf gestrichen.
Punkt 10: Die US-Sicherheitsgarantie
Die Sicherheitsgarantie erlischt, sollte die Ukraine in Russland einmarschieren. Für die Garantie wird die USA entschädigt.
Ungültig wird die Garantie auch, falls "ohne Grund" eine Rakete aus der Ukraine auf Moskau oder St. Petersburg gefeuert wird.
Wenn Russland eine weitere Invasion startet, folgt eine militärische Reaktion – entschlossen und abgestimmt. Weltweite Sanktionen treten wieder in Kraft, die Anerkennung des neuen russischen Territoriums verliert ebenso an Gültigkeit wie alle anderen russischen Vorteile, die im Abkommen geregelt sind.
Punkt 12: Maßnahmenpaket für die Ukraine
Ein Ukraine-Entwicklungsfonds soll Investitionen in schnell wachsende Industrien ermöglichen: unter anderem KI, Technologie oder Rechenzentren.
Die Gasinfrastruktur soll mithilfe der USA wieder aufgebaut werden. Pipelines und Lagerstätten werden wiederaufgebaut, entwickelt, modernisiert – und gemeinsam betrieben.
Sanierung und Wiederaufbau von Städten und Wohngebieten.
Mineralien und natürliche Ressourcen werden gefördert.
Um die Bemühungen schneller umzusetzen, entwickelt die Weltbank ein maßgeschneidertes Finanzierungspaket.
Punkt 13: Russlands Integration in die Weltwirtschaft
Schrittweise und von Fall zu Fall werden die Aufhebungen von Sanktionen diskutiert – und gegebenenfalls vereinbart.
Ein langfristig angelegtes wirtschaftliches Kooperationsabkommen soll von den USA abgeschlossen werden. Es sichert gegenseitige Entwicklung unter anderem in den Bereichen Energie, natürliche Ressourcen, KI und der Förderung von Seltenen Erden in der Arktis zu.
Russland erhält eine Einladung, in die G8 zurückzukehren.
Punkt 14: Die Verwendung eingefrorener Gelder
In die von den USA geführten Bemühungen zum Wiederaufbau in die Ukraine sowie nötigen Investitionen sollen 100 Milliarden Dollar an eingefrorenem russischem Vermögen fließen.
Von den Gewinnen aus diesem Vorhaben erhalten die USA 50 Prozent.
UPDATE: Dieser Punkt wird von der Ukraine scharf kritisiert.Europa gibt zusätzlich 100 Milliarden Dollar, zudem werden eingefrorene europäische Fonds aufgehoben.
Der Rest fließt in ein von Russland und den USA gemeinsames Investmentvehikel. Mit diesem sollen gemeinsame Projekte umgesetzt werden, was wiederum die Beziehungen stärken soll.
Punkt 20: Bildungsprogramme
Die EU-Regeln zu religiöser Toleranz sowie dem Schutz sprachlicher Minderheiten werden von der Ukraine übernommen.
Beide Seiten schaffen diskriminierende Maßnahmen ab, Rechte ukrainischer sowie russischer Medien und Bildung werden garantiert.
Strikte Ablehnung und Verbot von NS-Ideologien sowie nationalsozialistischen Aktivitäten.
Punkt 21: Territorien – UPDATE: siehe oben
Die Krim, sowie die Regionen Luhansk und Donezk werden als de facto russisch anerkannt – auch von den USA.
Cherson und Saporischschja werden an der Kontaktlinie geteilt, die Front stellt die de facto Grenze dar.
Außerhalb der genannten fünf Gebiete wird Russland erobertes Gebiet aufgeben.
Nachdem sich ukrainische Truppen aus dem aktuell kontrollierten Gebiet im Donezker Oblast zurückgezogen haben, soll dort eine neutrale und entmilitarisierte Zone entstehen. Diese wird international als russisch anerkannt.
Punkt 24: Das humanitäre Komitee
Beim Austausch von Gefangenen und Leichen gilt das Prinzip "alle für alle".
Zivile Gefangene und Geiseln werden zurückgebracht. Das gilt auch für entführte Kinder.
Ein Familienzusammenführungs-Programm wird durchgeführt.
Um das Leid der Opfer des Krieges zu lindern, werden weitere Maßnahmen ergriffen.
Verwendete Quellen
Europäische Sicherheit & Technik: "Der 28-Punkte-Plan – Friedensangebot auf Kosten des Völkerrechts"
Nachrichtenagentur dpa
Financial Times: "US and Ukraine draft new 19-point peace plan but defer biggest decisions"
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