Markus Lanz

Lanz will von Schulleiterin wissen: "Wie oft haben Sie an Ihrer Schule die Hurensohn-Diskussion?"

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von Natascha Wittmann

Schulleiterin Barbara Mächtle beantwortete am Dienstagabend die Frage, wie oft sie mit ihren Schülern die "Hurensohn-Diskussion" führe.

Bild: ZDF / Cornelia Lehmann


Nicht nur der Lehrermangel und fehlende Sprachkenntnisse machen vielen Schulen zu schaffen. Auch der Ton auf dem Pausenhof ist längst zum Problem geworden. Markus Lanz wollte daher von Schulleiterin Barbara Mächtle wissen, wie oft sie mit ihren Schülern die sogenannte "Hurensohn-Diskussion" führe.

Wie schlimm steht es um die deutschen Schulen? Bei "Markus Lanz" wurde am Dienstagabend deutlich: Die Realität im Klassenzimmer hat mit idyllischen Lehrplänen wenig zu tun. Der wohl eindrücklichste Moment der Sendung: Als Barbara Mächtle schilderte, wie oft sie mit Beleidigungen im Schulalltag konfrontiert ist. Zunächst warnte die Schulleiterin der Ludwigshafener Gräfenau-Schule vor den wachsenden Herausforderungen, denen Lehrkräfte häufig gegenüberstehen: "Jedes Kind bringt sein eigenes Päckchen mit. Jedes Kind braucht mehr Zuwendung", sagte sie, einige hätten Sprachprobleme, andere wiederum "Traumata aus Fluchterlebnissen aufzuarbeiten."

Markus Lanz nahm dies zum Anlass, um näher auf den Umgang und den Sprachgebrauch im Klassenzimmer einzugehen. Er wollte wissen: "Wie oft haben Sie an Ihrer Schule die Hurensohn-Diskussion?" Eine Frage, auf die Mächtle eine deutliche Antwort lieferte: "Oft! Ich kläre auch tatsächlich regelmäßig Schüler bei mir im Büro auf, was eine Hure ist, (...) was ein Wichser ist, was Ficken bedeutet. Das volle Programm." Der Moderator wirkte erschüttert: "Wahnsinn!"

Schulleiterin Barbara Mächtle macht sich für Kindergartenpflicht stark

Doch Vorfälle wie diese stehen sinnbildlich für ein tiefer liegendes Problem: ein Schulsystem am Limit. Marode Gebäude, fehlende Digitalisierung, zu wenig Personal - und Kinder, die sozial kaum vorbereitet in den Unterricht kommen. Laut Engin Çatik, Schulleiter aus Berlin, spielen dabei vor allem fehlende Deutsch-Kenntnisse eine große Rolle. "Sprache ist fundamental", so Çatik. Mit sprachlichen Defiziten sei der "Misserfolg vorprogrammiert".

Barbara Mächtle nickte zustimmend und erläuterte, dass auf ihrer Schule von 459 Kindern 447 einen Migrationshintergrund haben. Die damit verbundenen Herausforderungen? "Es dauert einfach alles länger", so Mächtle. Lehrer müssten oft "wirklich neue Wege finden", um mit der Situation umzugehen. Çatik stellte deshalb am Dienstagabend die Frage: "Was muss das System leisten, um diese Schülerinnen und Schüler schon auf die erste Klasse vorzubereiten?" Für Barbara Mächtle war die Antwort klar: eine Kindergartenpflicht. "In meinen Augen wäre das viel wert - sprachlich natürlich auch."

Markus Lanz reagiert geschockt: "Das ist ein Skandal"

Mit Blick auf die aktuelle Situation und die prekäre Lage in vielen deutschen Klassenzimmern zeigte sich der ZDF-Moderator sichtlich emotional: "Mir tut das richtig weh. Ich sehe diese Kinder, das sind süße Kinder. Die sind nicht dümmer als deutsche Kinder. Das sind großartige Schwämme, die alles aufsaugen. Aus denen könnte man richtig was machen und dann werden die in ein System reingepackt, das offensichtlich dysfunktional ist. Das ist ein Skandal!"

Die Zahlen sprechen in dem Zusammenhang für sich: In Deutschland verlassen laut Lanz mittlerweile über 60.000 Schüler:innen jährlich ohne Abschluss die Schule. In Mächtles Schule mussten alleine 2023 40 Kinder die erste Klasse wiederholen. "Wen wir in der Grundschule nicht auffangen können, der ist (...) wirklich verloren", so die Ludwigshafener Schulleiterin eindringlich.

Auch SPD-Politiker Steffen Burchhardt schlug Alarm. Besonders in seinem Bundesland Sachsen-Anhalt sei der Lehrermangel dramatisch: "Wir haben tatsächlich an den Schulen einen sehr großen Lehrermangel. Momentan laufen etwa 1.000 bis 1.500 Stellenausschreibungen", sagte er er, mam such "händeringend" nach Personal. Als Burchhardt die Situation als "bedenklich" bezeichnete, brachte es Lanz auf den Punkt: "Wir haben offensichtlich ein strukturelles Thema."

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