Vizekanzler im TV-Talk
Klingbeil lobt Trump bei "Miosga" - spricht ihm aber Anrecht auf Friedensnobelpreis ab
Aktualisiert:
von teleschauVize-Kanzler Lars Klingbeil lobt US-Präsident Donald Trump für seinen Einsatz im Nahost-Konflikt.
Bild: NDR/Thomas Ernst
Ist der Konflikt im Gazastreifen Geschichte? Bundesfinanzminister Lars Klingbeil ist verhalten optimistisch. Bei "Caren Miosga" spricht er sich trotzdem gegen einen Friedensnobelpreis für US-Präsident Donald Trump aus.
Eigentlich soll es am Sonntagabend (12. Oktober) bei Caren Miosga um das 500-Milliarden-Euro-Konjunkturpaket der Bundesregierung gehen und um die Frage, wie es in den Kommunen ankommt. Doch zwei wichtige Ereignisse kamen dazwischen: Da ist zunächst der Frieden im Gazastreifen, der plötzlich in greifbare Nähe gerückt ist. Den Plan dafür hat der amerikanische Präsident Donald Trump ausgearbeitet, nachdem er sich zuvor in der Frage des Krieges in der Ukraine am russischen Präsidenten Wladimir Putin die Zähne ausgebissen hat.
"Ich möchte gerne Hoffnung haben", sagt SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil dazu bei "Caren Miosga" im Ersten. "Es ist insgesamt eine Woche, die auch mir viel Hoffnung gibt, dass es jetzt zu einem Frieden kommen kann, und dass wir darauf auch einen nachhaltigen Frieden aufbauen. Und wenn die Geiseln jetzt zeitnah freikommen, dann wäre das ein wirklich wichtiges Zeichen der Hoffnung."
Lob und Kritik an Donald Trump
Insgesamt sollen sich noch 20 lebende Geiseln in den Händen der Terrororganisation Hamas befinden, davon sechs mit deutscher Staatsangehörigkeit. Geiseln, so Klingbeil, deren Familien seit zwei Jahren um sie bangen. "Was muss das für ein unerträgliches Leid gewesen sein, das die Geiseln selbst erlebt haben?" fragt er.
Dass US-Präsident Donald Trump einen besonderen Verdienst an dem Frieden im Nahen Osten hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Das erkennt auch Klingbeil an. "Die USA haben ein wahnsinniges Gewicht in der Region. Sie können beeinflussen, in welche Richtung es geht, und das hat Donald Trump sich erarbeitet", so der SPD-Politiker. "Er hat auf den israelischen Präsidenten, die Palästinenser und die arabischen Staaten eingewirkt, dass es jetzt zu der Unterzeichnung des Friedensvertrages hoffentlich kommen kann."
Klingbeil aber gegen Friedensnobelpreis
Dennoch hält Klingbeil nichts davon, Trump für seine Verdienste im Nahen Osten mit dem Friedensnobelpreis zu ehren. "Wenn ich mir die innenpolitische Situation in den USA anschaue, dann ist das alles andere als befriedet", sagt er. "Da gibt es gerade eine wahnsinnige Polarisierung. Und ich glaube, so etwas wird dann auch berücksichtigt bei einer solchen Entscheidung." Außenpolitisch habe Trump mit dem Frieden im Nahen Osten viel erreicht, doch die innenpolitische Situation in den USA sei bedenklich. "Wenn dort Fernsehsendungen abgesetzt und Oppositionelle diskreditiert werden, ist das eine Situation, wo ich als jemand, der in den USA gelebt hat und dieses Land liebt, mir Gedanken mache und sage, das ist nicht die USA, wie ich sie kenne."
Vizekanzler bleibt beim Bürgergeld vage
Das zweite Thema ist die Reform des Bürgergeldes. Das soll nun "neue Grundsicherung" heißen. Wieviel Geld die Bundesregierung durch die Reform einsparen will, möchte Klingbeil lieber nicht sagen. "Am wichtigsten ist, dass wir jetzt Menschen in Arbeit bringen. Das spart am Ende sehr viel Geld", sagt er. Und weiter: "Wir brauchen einen Sozialstaat, der sich kümmert um Menschen, denen es nicht gut geht. Aber wir haben in den letzten Jahren beim Bürgergeld gesehen, dass es Missbrauch gibt, dass es Dinge gibt, die ich nicht unter dem Gerechtigkeitsaspekt verkaufen kann: Wenn jemand den dritten oder vierten Termin im Jobcenter nicht wahrnimmt, wenn jemand arbeiten könnte und nicht arbeiten geht, oder wenn jemand schwarz arbeitet. Das wollen wir ändern."
Dann geht es endlich um das eigentliche Thema. 500 Milliarden Euro will die Bundesregierung in die Infrastruktur stecken. Davon sind 100 Milliarden für die Kommunen vorgesehen. "Wir gehen jetzt das an, was seit Jahren in unserem Land vernachlässigt wurde", so Klingbeil.
Aber trotz des hohen Investitionsprogramms gibt es zu wenig Geld im Bundeshaushalt. Das weiß auch Klingbeil. Eigentlich müsste gespart werden, doch mit der Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie oder der Mütterrente verteilt die Bundesregierung munter Wahlgeschenke.
SPD-Chef kündigt Sparmaßnahmen an
Ökonomin Monica Schnitzer kritisiert das. "Ich höre bisher nur von Ausdehnungen statt von Einschnitten." Auf diese Einschnitte müsse die Bevölkerung vorbereitet werden, habe Klingbeil gefordert. "Aber man muss offensichtlich auch seine Koalitionspartner darauf vorbereiten, dass es so nicht weitergeht. Wenn man diese Ehrlichkeit noch nicht einmal in der eigenen Koalition hat: Wie soll man das dann den Menschen vermitteln können?"
Klingbeil will sparen. Darum will er bald ein Gesetz zur Reform der privaten Altersvorsorge vorlegen. "Ich setze auf eine starke erste Säule mit der gesetzlichen Rente sowie auf eine zweite Säule mit der betrieblichen Rente. Aber wir müssen uns mehr trauen im Bereich der privaten Rente." Das entsprechende Gesetz soll noch 2025 kommen.
Insgesamt werde es ein umfassendes Reformpaket geben, das die vier Parteivorsitzenden von Union und SPD bald vorlegen wollen. "Am Ende müssen alle spüren, dass sich etwas verändert", fordert Klingbeil. "Wir werden beim Sozialstaat was tun müssen, bei Pflege, Rente und Gesundheit. Aber es wird nur dann funktionieren, wenn wir uns auch trauen, bei denen auch an das Geld heranzugehen, die viel Geld in unserem Land haben."
Verwendete Quellen:
ARD-Talkshow "Miosga"
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