Philosoph und Schriftsteller
Precht bei Illner über Ukraine-Politik: Lieber Laschet als Kanzler statt Merz
Aktualisiert:
von Doris NeubauerRichard David Precht bekam Gegenwind - unter anderem von der Politikwissenschaftlerin und Historikerin Liana Fix, die seine Vorschläge naiv fand.
Bild: ZDF/Jule Roehr
Die Verhandlungen um einen Friedensplan für die Ukraine gehen weiter. Bei Maybrit Illner diskutieren die Gäste über das eingefrorene russische Vermögen und die Sinnhaftigkeit von weiteren Gesprächen mit Präsident Putin.
Das Wichtigste in Kürze
Thema am 18. Dezember bei Illner war die Zukunft der Ukraine.
Das Land befindet sich seit 2022 in einem Krieg mit Russland.
Besonders um mögliche Gespräche mit Kremlchef Putin stritten sich die Gäste.
Während die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel intensiv um eine Entscheidung zur Nutzung des Europa eingefrorenen russischen Vermögens rangen (und sich letztlich auf eine Kredit-basierte Finanzierung der Ukraine einigten), ging es am Donnerstagabend (18. Dezember) auch bei Maybrit Illner im ZDF um die Frage: "Land verlieren, Partner behalten - welche Wahl hat die Ukraine noch?"
Precht wünscht sich Laschet statt Merz
Dass sich Bundeskanzler Friedrich Merz erst am Tag vor dem EU-Gipfel dafür starkgemacht hatte, durch ein Darlehen den Krieg für die nächsten paar Jahre zu finanzieren, kritisierte Richard David Precht in der Talkshow scharf: "Ich würde mir in dieser Situation lieber Armin Laschet als Kanzler wünschen als Friedrich Merz", meinte er.
Der CDU-Außenpolitiker hatte zuvor in der Sendung zu bedenken gegeben, dass die Entscheidung mit Risiken behaftet sei: "Wir werden bürgen müssen, wenn keine Reparationen kommen, dann werden wir zahlen müssen", hatte er vor Reaktionen Putins gewarnt. Dennoch müssten die EU-Staats- und Regierungschefs das Risiko eingehen: "Wenn wir heute Nacht sagen: Die Ukraine ist für die nächsten zwei Jahre finanziert, wird das am Ende Putin beeindrucken", hoffte er, so Signale in Richtung Moskau zu setzen
Prechts Gegenvorschlag an Putin
Dass er damit bei Precht punktete, brachte Laschet nur zum Schmunzeln - und auch Moderatorin Illner musste lachen: "Das geht zu weit!", kommentierte sie die Aussage des Schriftstellers und Philosophen. "Doch, das ist eindeutig so", rechtfertigte sich dieser. Merz sei in der Ukraine-Frage "der Mensch, der langsamer lernt als sein Schatten."
Dass der Krieg beendet werde, indem man die Ukraine noch einige Jahre länger finanziert, sei "wishful thinking". Dabei müsse längst begriffen worden sein: "Putin unter Druck setzen ist wie Al Capone einen Drohbrief schreiben - es führt zu einer Trotzreaktion." Stattdessen solle man "Putin ernsthaft anbieten, über eine Nachkriegsarchitektur zu sprechen unter Berücksichtigung der russischen Sicherheitsinteressen", hatte er einen Gegenvorschlag.
Historikerin: Gesprächs-Vorschlag sinnfrei
"Wenn man Ihnen zuhört hat man den Eindruck, dass ein Gorbatschow im Kreml sitzt, nicht ein Putin", konnte er Historikerin und Politikwissenschaftlerin Liana Fix von dieser Alternative nicht überzeugen. Gerade durch die US-Administration, die die "russland-freundlichste seit der Existenz der USA" sei, hätte es bereits viele Gesprächsversuche gegeben, doch "selbst Trump läuft gegen die Wand bei Putin."
Zwar seien die "russischen Vermögenswerte keine gute (Option), aber immerhin noch besser als die schlechteste Option", betonte sie und fügte hinzu: "Ein Kollaps der Ukraine ist die schlechteste Option für uns. (...) Das Gespräch, das Sie mit Putin führen wollen, ist kein Gespräch, das Putin mit uns führen will."
Precht kontert: Prämisse sei "Blödsinn"
Precht widersprach: "Wissen Sie, was die schlechteste Möglichkeit überhaupt ist", konterte er, "dass wir noch ein - zwei Jahre Krieg länger am Kochen halten mit dem Ergebnis, dass 10.000 Russen, 10.000 Ukrainer in diesem Krieg sterben, dass Putin noch mehr Gebiete erobert, mühselig und blutig - und am Ende sind die Voraussetzungen für die Ukraine für Verhandlungen noch schlechter." Dass Russland weitere Ziele in Europa angreife - wie Fix zuvor gewarnt hatte -, "halte ich für Blödsinn", lehnte sich Precht noch weiter aus dem Fenster.
"Vegetarier in der Welt der Fleischfresser"
"Da spricht der Philosoph gegen die Erfahrung aus der Geschichte Europas", sah das SPD-Politiker Sigmar Gabriel anders. Die Entscheidung zur finanziellen Unterstützung sei wichtig, denn: "Wenn Europa zeigt, es ist gespalten, dann sind wir die letzten Vegetarier in der Welt der Fleischfresser und dann werden wir auch gefressen", warnte er davor, dass die USA von Europa weiter distanziere.
Ukrainerin: EU muss Stärke zeigen
Die EU müsse jetzt Stärke zeigen, betonte auch ukrainische Autorin Kateryna Mishchenko. Statt Putin hinterherzulaufen und zu überlegen, mit welchen Angeboten man ihn an den Verhandlungstisch bringe, sollte die zentrale Frage lauten: "Wie kann man diesen Kriegsverbrecher zur Verantwortung ziehen?", hatte sie selbst keine Antwort parat, sehr wohl aber einen Funken Hoffnung: "In dem Moment, wo Schritte überlegt und gemacht werden, passiert vielleicht ein Wunder und er kommt selbst und sagt: Ich möchte verhandeln."
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