Alarmierende PFAS-Belastungen

Greenpeace schlägt Alarm: "Ewigkeitsgifte" in Fischen aus Nord- und Ostsee

Veröffentlicht:

von Claudia Scheele

An unterschiedlichen Orten der Nord- und Ostsee, sowie in Hamburg, wurden Fische und Meerestiere gekauft und auf die Ewigkeitschemikalien PFAS getestet.

Bild: Aliona Kardash / Greenpeace


Eine neue Untersuchung von Greenpeace zeigt alarmierende PFAS-Belastungen in Fischen und anderen Meerestieren aus Nord- und Ostsee. Die Umweltorganisation fordert ein schnelles Verbot dieser gefährlichen Chemikalien sowie mehr Transparenz und Tests durch Behörden und Händler.

Das Wichtigste in Kürze

  • Greenpeace hat PFAS-Gifte in 17 Proben von Speisefischen aus Nord- und Ostsee nachgewiesen – einige Proben überschreiten die EU-Grenzwerte.

  • PFAS können Krebs auslösen, Organe schädigen und das Immunsystem beeinträchtigen; Kinder sind besonders gefährdet.

  • Greenpeace fordert ein schnelles Verbot aller PFAS-Chemikalien sowie umfassende Tests von Lebensmitteln durch Behörden und Händler.

Greenpeace hat 17 Proben von Speisefischen, Muscheln und Krabben aus Nord- und Ostsee in einem unabhängigen Labor auf PFAS-Gifte untersuchen lassen – mit erschreckenden Ergebnissen. In jeder einzelnen Probe wurden sogenannte "Ewigkeitsgifte" nachgewiesen, Chemikalien, die extrem langlebig sind und sich in der Umwelt sowie im menschlichen Körper anreichern können. Besonders besorgniserregend: Fast die Hälfte der Proben ist bei üblichen Verzehrmengen gesundheitlich bedenklich für Kinder. Vier der Proben gelten sogar für Erwachsene als unsicher.

Was sind PFAS und wie gefährlich sind sie?

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von Industriechemikalien, die seit Jahrzehnten in zahlreichen Produkten eingesetzt werden – von Outdoor-Bekleidung über Lebensmittelverpackungen bis hin zu Feuerlöschschäumen. Ihre wasser- und fettabweisenden Eigenschaften machen sie für viele Anwendungen attraktiv. Doch genau diese Eigenschaften führen auch dazu, dass PFAS nahezu unzerstörbar sind. Sie verbleiben über Jahre in der Umwelt und reichern sich in Tieren, Menschen und Lebensmitteln an.

Die gesundheitlichen Folgen von PFAS sind erheblich. Laut Greenpeace können diese Chemikalien Krebs auslösen, Organe wie Leber und Milz schädigen sowie ungeborene Kinder beeinträchtigen. Eine Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2020 kommt zu dem Schluss, dass ein Großteil der europäischen Bevölkerung Konzentrationen ausgesetzt ist, die die wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge überschreiten können. Dies kann das Immunsystem schwächen und den Cholesterinspiegel erhöhen.

Fische aus Nord- und Ostsee betroffen

Besonders alarmierend ist, dass in drei Fischproben – darunter Steinbutt, Hering und Scholle – die gemessenen PFAS-Werte die EU-Grenzen für Lebensmittel überschritten haben. Ein dreijähriges Kind würde bereits mit weniger als 50 Gramm Fisch aus diesen Proben die empfohlene Höchstmenge überschreiten. Selbst für Erwachsene sind einige der Proben problematisch: Vier der getesteten Fischsorten enthalten so viel PFAS, dass eine normale Portion pro Woche die gesundheitlich tolerierbare Aufnahmegrenze übersteigt.

"Das Ausmaß der PFAS-Belastung in Speisefischen und Meeresfrüchten ist alarmierend – vor allem für Kinder", sagt Madeleine Drescher, Konsumexpertin bei Greenpeace. "Familien müssen darauf vertrauen können, dass ihr Essen sicher ist."

Forderungen nach Verbot und Tests

Greenpeace fordert ein umfassendes Verbot aller PFAS-Chemikalien auf EU-Ebene. Die Organisation drängt darauf, dass die österreichische Regierung dieses Verbot unterstützt und nationale Maßnahmen umsetzt, wie es bereits Länder wie Frankreich oder Dänemark tun. Dazu gehört etwa ein Verbot von PFAS in Verpackungen, Kosmetik und Kleidung.

Zudem verlangt Greenpeace von Behörden und Händlern mehr Transparenz: "Solange unklar bleibt, wie stark Fische auf dem österreichischen Markt betroffen sind, müssen Händler und Behörden für Transparenz sorgen und sicherstellen, dass keine belasteten Produkte mehr auf unseren Tellern landen", so Drescher weiter.

Greenpeace hat heute große Supermarktketten und Händler in Österreich befragt, ob sie Fisch aus der Nord- und Ostsee verkaufen und ob ihre Lieferketten auf PFAS überprüft werden. Denn 94 Prozent des in Österreich konsumierten Fischs stammen aus Deutschland. Die Ergebnisse dieser Befragung stehen noch aus.

Nicht nur ein Problem in der Nord- und Ostsee

PFAS sind nicht nur ein lokales, sondern ein globales Umweltproblem. Trotz bestehender Verbote für einige der gefährlichsten Stoffe gelangen täglich Tausende neue PFAS-Chemikalien in die Natur – durch industrielle Produktion, verunreinigte Klärschlämme oder den Abrieb behandelter Produkte. Aufgrund ihrer Persistenz sind diese Stoffe mittlerweile sogar in entlegenen Regionen wie den Polarregionen oder der Tiefsee nachweisbar.

Die EU arbeitet derzeit an einer universellen Beschränkung dieser Stoffgruppe. Doch bis dahin könnten noch Jahre vergehen. Greenpeace fordert deshalb sofortige Maßnahmen auf nationaler Ebene sowie umfassende Tests von Lebensmitteln, um Verbraucher:innen besser zu schützen.


Verwendete Quellen:

Greenpeace: "PFAS-Gifte in Speisefischen und Meeresfrüchten aus Nord- und Ostsee nachgewiesen"

Umweltbundesamt Österreich: "Fragen und Antworten zu PFAS"

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