Unterstützung für Merz?

Boris Palmer bei "Markus Lanz" über "Stadtbild"-Aussage: "Ärgerlich", aber: "Die Debatte hat uns weitergebracht"

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von Natascha Wittmann

Während Hannover-OB Belit Onay sich klar gegen Kanzler Merz positionierte, verteidigte Ex-Grünen-Politiker Boris Palmer die "Stadtbild"-Aussagen.

Bild: ZDF / Markus Hertrich


Was hat Friedrich Merz wirklich gemeint? Bei "Markus Lanz" verteidigte Kanzleramtschef Thorsten Frei die umstrittene "Stadtbild"-Aussage seines Parteichefs. Unterstützung kam überraschend von Boris Palmer. Doch nicht alle Gäste wollten sich mit der Rhetorik des Kanzlers abfinden.

Mit wenigen Worten hat Bundeskanzler Friedrich Merz eine landesweite Kontroverse ausgelöst. Seine Aussage über das veränderte "Stadtbild" in Deutschland, die er mit den Themen Migration und Abschiebung verknüpfte, sorgte nicht nur für Empörung bei politischen Gegnern, sondern auch für eine hitzige Diskussion bei "Markus Lanz".

CDU-Kanzleramtschef Thorsten Frei nahm seinen Parteichef am Mittwochabend (29. Oktober) vor Rassismusvorwürfen, wie sie etwa Linken-Chefin Heidi Reichinnek formulierte, in Schutz.

Merz habe sich "ganz klar" ausgedrückt. Ein Missverständnis sehe er nicht. Vielmehr hänge die Debatte laut Frei damit zusammen, "dass Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen worden sind".


Hannovers Oberbürgermeister und Grünen-Politiker Belit Onay widersprach prompt und argumentierte, dass Merz' Aussage "offen für jegliche Deutung" bleibe. Moderator Markus Lanz zeigte sich ebenfalls skeptisch: "Wenn man sich so klar ausdrückt, muss man nicht zweimal nochmal hinterher klarstellen, was man eigentlich meint."

Rückendeckung bekam Merz daraufhin ausgerechnet von Ex-Grünen-Politiker Boris Palmer. Er sah in der "Stadtbild"-Formulierung keinen Generalverdacht gegen alle Menschen mit Migrationshintergrund, denn: "Es kann nur um eine ganz kleine Gruppe gehen, weil die Verbindung zur Abschiebung war im Zitat da." Palmer erklärte weiter, dass es zudem unumstritten sei, "dass wir in den vergangenen Jahren eine Veränderung im Stadtbild hatten". Aber: "Man konnte es nicht besprechen."


Jutta Steinruck: "Von einem Bundeskanzler erwarte ich nicht, dass er spaltet

Der Tübinger Oberbürgermeister offenbarte ehrlich: "Ich suche jetzt schon wieder nach den richtigen Worten, damit ich nicht den Rassismusvorwurf kriege." Aus diesem Grund sei er "fast schon erleichtert" gewesen, "dass der Bundeskanzler jetzt sozusagen mal eine Presche schlägt und man darüber jetzt wirklich mal spricht". Allerdings räumte Palmer auch ein rhetorisches Versäumnis ein: "Sorry, Herr Kanzleramtsminister! Er hätte ziemlich schnell nachschieben müssen, dass er nicht alle anderen meint, die Migrationshintergrund haben."

Auch Journalistin Karina Mößbauer fand die Wortwahl von Merz "ein bisschen ungeschickt". Lanz stimmte zu und merkte an, dass ein Bundeskanzler für gewöhnlich auf jedes Wort achte, da jeder Halbsatz eine potenziell "politische Botschaft" beinhalte.


Thorsten Frei sah das anders. Er empfinde es als "sehr wohltuend", "dass wir einen Bundeskanzler haben, der klar spricht. Der das ausspricht, was er auch für richtig hält". Er wiederholte, dass für ihn zudem völlig klar gewesen sei, was Merz mit seiner "Stadtbild"-Aussage gemeint habe: "Er hat auf die Konsequenzen ungeregelter Migration hingewiesen."

Jutta Steinruck, parteilose Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, warnte jedoch vor den Folgen dieser Sprache: "Im ersten Moment war mehr als die Hälfte meiner Stadt im Stadtbild nicht mehr erwünscht - und das ist auch bei den Menschen so angekommen." Sie forderte mehr Verantwortung vom Kanzler: "Von einem Bundeskanzler erwarte ich nicht, dass er spaltet."


Boris Palmer: "Mit dieser Empörungskultur kommen wir nicht mehr weiter"

Markus Lanz wiederum wies darauf hin, dass es reale Probleme in deutschen Städten gebe. Als Beispiel nannte er eine Umfrage aus Hannover, laut der sich nur 14 Prozent der Bewohner:innen nachts in der Innenstadt sicher fühlen. "Das ist doch bitter", so der Moderator. Steinruck stimmte zu: "Keiner hier negiert, dass wir Probleme haben. (...) Aber es wird so verallgemeinert, dass sich plötzlich alle angesprochen fühlen."

Dennoch betonte Boris Palmer abschließend, dass die "Stadtbild"-Debatte ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein könnte: "Ich finde, die Debatte hat uns tatsächlich weitergebracht. Sie war ärgerlich und unklar am Anfang, aber sie hat uns weitergebracht, weil offener und deutlicher benannt wird, welches Problem wie in zentralen Bereichen der Städte haben." Zumal man mit "dieser Empörungskultur" nicht mehr weiterkomme. "Wir können das alles nicht mehr wegschieben, dass wir diejenigen, die es aussprechen, dämonisieren und ausgrenzen. Dass der Kanzler da jetzt einfach standgehalten hat, den der Druck war schon enorm, finde ich erst mal gut. Jetzt scheint sich ein Debattenraum zu öffnen.“

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