Rebellion, ja oder nein?

Renten-Diskussion bei "Hart aber fair": Philipp Amthor weicht Abstimmungs-Frage aus - "Morgen wissen Sie mehr"

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von Doris Neubauer

CDU-Politiker Philipp Amthor (links) spricht bei "Hart aber fair" unter anderem mit Ex-SPD-Chef Franz Müntefering über das Rentenpaket.

Bild: WDR/ Oliver Ziebe


Kurz vor der entscheidenden Abstimmung zur Rentenreform am Freitag spitzte sich die Diskussion bei "Hart aber fair" noch einmal zu. Die Karten auf den Tisch legen wollten jedoch weder "Rentenrebell" Philipp Amthor (CDU) noch Heidi Reichinnek (Die Linke).

Seit Wochen üben die Jungen in der Union gegen die Rentenpläne der Regierung den Aufstand. Stein des Anstoßes ist vor allem ein Satz: "Auch nach 2031 liegt das Rentenniveau einen Prozentpunkt höher als geltendes Recht", zitierte Louis Klamroth diesen in der "Hart aber fair"-Sendung zum Thema "Zwischen Rentenstreit und Reformstau - kriegt Kanzler Merz das hin?".

"Was ist so schlimm, dass Sie dem in der Sachfrage nicht zustimmen?", wollte er von Philipp Amthor, Mitglied eben dieser "Rentenrebellen", wissen. "Es geht um die Frage des unterschiedlich starken Ansteigens der Rente", wies der CDU-Politiker den Eindruck von sich, die Jungen wollten die Rente wegnehmen oder kürzen, "wenn sie noch stärker steigt, muss man die Antwort geben, wer das bezahlen soll."

Die Mehrkosten von 120 Milliarden Euro könnten nur schuldenfinanziert werden. "Schulden aufnehmen und nicht zurückzahlen geht im Schlaraffenland, aber nicht unter den fiskalischen Bedingungen der Bundesrepublik Deutschland", ätze er in Richtung Heidi Reichinnek (Die Linke). Die nahm den Ball gerne auf.

"Ich finde es schäbig, dass sich ein Teil der Union hinstellt und den Leuten den Dreck unter den Fingernägeln nicht gönnt", schimpfte die Fraktionsvorsitzende im Bundestag. "Wir werden nicht zulassen, dass das Rentenniveau weiter absinkt", lautete ihre klare Ansage. Ja mehr noch, sie setzte sich für eine Steigerung des Rentenniveaus auf 53 Prozent ein und eine Rentenversicherung, in die alle einzahlen - "auch Abgeordnete, aber das wollen Sie natürlich nicht", griff sie Amthor an.

"Die Machtspielchen der Union sind mir herzlich egal"

"Da adressieren Sie den Richtigen. Ich finde es eine diskutable Sache", blieb der jedoch ruhig und fügte hinzu, "es wird aber die Probleme nicht lösen." Schon jetzt würden auf Kosten der jungen Leute Kredite aufgenommen, müsse doch der Staat jeden Tag die Rente bezuschussen. Deshalb sei auch die geplante Rentenreform kein Gewinn für Generationengerechtigkeit, stellte er sich "in der Sache" auf die Seite seiner Kolleg:innen der Jungen in der Union.

Ob er dann auch gegen die Reform stimmen wollte, fragte Klamroth neugierig. "Morgen um 15 Uhr wissen Sie mehr", wimmelte Amthor diesen "investigativen Versuch" so gekonnt ab, dass Markus Feldenkirchen ("Der Spiegel") einwarf: "Rebell und Philipp Amthor passen nicht gut zusammen." "Unterschätzen Sie das nicht", konterte dieser.

Ebenso wenig festlegen wollte sich Reichinnek: "Wir sind nicht die Mehrheitsbeschaffer einer Regierung, die nur miteinander streitet", meinte sie und fügte hinzu: "Die Machtspielchen der Union sind mir herzlich egal." Ihr gehe es um die Menschen. Deshalb müsse das Rentenniveau bis zur geplanten Rentenkommission gehalten werden: "Es ist Aufgabe der Regierung und des Kanzlers, das hinzubekommen."

Warnung von Franz Müntefering (SPD): "Die Koalition darf sich nicht verrennen."

"Sollte die Mehrheit nicht stehen, weiß ich nicht, wie es da weitergehen soll", sprach Feldenkirchen von einer "Schicksalswoche" der Regierung. Zwar sei es richtig, auf die Generationengerechtigkeit der Rente aufmerksam zu machen. "In Zeiten, wo die Demokratie unter Beschuss ist, nach einem halben Jahr mit der Regierungsstabilität zu spielen, kann es aber auch eine Gewissensfrage sein", appellierte er an die Jungen der Union, "es gibt Größeres als die Rentengesetzgebung."

Auch der ehemalige SPD-Arbeitsminister und Parteichef Franz Müntefering zeigte nur bedingt Verständnis für die Debatte. "Die Koalition darf sich nicht verrennen, dass sie eine Rentenkoalition ist", warnte er. Vielmehr ginge es darum, "dass der Sozialstaat stark und sich durchsetzen kann." Das Argument der Jungen sei nachvollziehbar, "aber so ein bisschen Kinderei ist auch dabei!" Die Jungen seien ohnehin nicht die entscheidende Größe der Union. "Fragt zu Hause die Wählerinnen und Wähler. Macht, was sie sagen und macht ein Konzept für den Sozialstaat Deutschland", riet er, "das ist wichtig, das müssen sie in dieser Legislatur noch hinkriegen." "So oft habe ich Philipp Amthor noch nicht nicken sehen, wenn jemand spricht", beobachtete Klamroth.

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