Militärdrills für Kinder
Putins Klassenzimmer: Russlands Schüler trainieren mit Waffen für den Krieg
Veröffentlicht:
von Benedikt RammerSchüler:innen der Donkosaken-Kadettenschule des Kaisers Alexander III. in Moskau.
Bild: REUTERS
Russland verändert sein Bildungssystem grundlegend: Militärische Ausbildung, Waffenunterricht und patriotische Propaganda prägen den Schulalltag. Kritiker:innen warnen vor einer indoktrinierten Generation, die Krieg als Normalität akzeptiert.
Das Wichtigste in Kürze
Russlands Bildungssystem wird militarisiert: Waffen- und Drohnentraining gehören zum Lehrplan.
Neue Geschichtsbücher propagieren ein Narrativ gegen den Westen und die Ukraine.
Kritiker:innen im In- und Ausland warnen vor einer indoktrinierten Generation ohne kritisches Denken.
Russland hat sein Bildungssystem in den letzten Jahren grundlegend umgestaltet, um militärische und patriotische Werte fest in den Schulalltag zu integrieren. Diese Entwicklung beschleunigte sich nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 und wurde durch die Invasion der Ukraine 2022 weiter vorangetrieben. Bereits Grundschüler:innen tragen in einigen Regionen Uniformen und absolvieren militärische Drills. Ältere Schüler:innen lernen, Kalaschnikows zusammenzubauen und Drohnen zu steuern.
Die Veränderungen zielen darauf ab, eine Generation von "patriotischen Kämpfer:innen" zu schaffen, die bereit sind, Russland in künftigen Konflikten zu verteidigen. "Wenn man Schulkinder früh genug indoktriniert, werden sie zu günstigeren und effizienteren Soldaten", erklärt die Politikwissenschaftlerin Ekaterina Schulmann laut "Wall Street Journal". Präsident Wladimir Putin betonte bereits 2023: "Kriege werden nicht von Generälen gewonnen, sondern von Lehrer:innen." Ein staatliches Programm ermöglicht es seitdem, aktive Soldaten in russische Klassenzimmer zu schicken.
Militärtraining im Klassenzimmer
Militärische Übungen wie in der Region Kursk, wo Erstklässler:innen von Soldaten inspiziert wurden, finden inzwischen landesweit statt. Für ältere Schüler:innen ist Waffen- und Drohnentraining mittlerweile verpflichtend. Ein neues Schulfach mit dem Titel "Grundlagen der Sicherheit und Verteidigung des Vaterlandes" umfasst Unterricht an Maschinengewehren, Panzerabwehrgranatwerfern und Scharfschützengewehren sowie Lektionen zu psychologischer Kriegsführung, berichtetet das "Wall Street Journal".
Geschichtsbücher, die für alle Klassenstufen neu eingeführt wurden, zeichnen ein stark verzerrtes Bild von Russlands Vergangenheit und Gegenwart. Die Lehrmaterialien für die 11. Klasse beschreiben die Ukraine als "ultranationalistischen Staat" und erheben unbelegte Anschuldigungen gegen die USA, wie den Betrieb geheimer Biolaboratorien auf ukrainischem Boden vor Beginn des Krieges.
Neben dem Unterricht spielt dem Medienbericht zufolge auch die staatliche Jugendorganisation "Jugendarmee" eine zentrale Rolle. Mit 1,85 Millionen Mitgliedern im Alter von 8 bis 18 Jahren trainiert diese Organisation Kinder und Jugendliche in militärischen Disziplinen und integriert sie in nationale Zeremonien. Die Gruppe wurde 2015 unter dem Dach des Verteidigungsministeriums gegründet und bildet heute einen Kernbestandteil des russischen Bildungssystems .
Auch in von Russland besetzten Gebieten der Ukraine wird das neue Curriculum eingeführt. Ukrainische Geschichtsbücher wurden dem "Wall Street Journal" zufolge beschlagnahmt und vernichtet, während Eltern strafrechtliche Konsequenzen riskieren, wenn ihre Kinder an ukrainischen Online-Klassen teilnehmen.
Kritik an der Militarisierung
Die massiven Veränderungen sorgen für Kritik im In- und Ausland. Während einige Eltern die neue Ausrichtung befürworten, warnen Lehrer:innen und Bildungsexpert:innen vor den langfristigen Folgen. Dima Zicer, ein russischer Pädagoge im Exil, erklärte gegenüber dem "Wall Street Journal: "Wenn ein Kind eine Waffe in die Hand gedrückt bekommt und lernt, dass Putin unser Stolz ist und die Ukraine voller Feinde ist, fehlt ihnen das kritische Denken, um diese Erzählung zu hinterfragen."
Auch Lehrer:innen, die sich weigern, die militarisierte Propaganda zu unterrichten, geraten unter Druck. Einige wurden strafrechtlich verfolgt, wie etwa Natalia Taranushenko aus Moskau, die wegen kritischer Aussagen über russische Kriegsverbrechen zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.
Verwendete Quellen:
Wall Street Journal: "Putin Is Turning Eighth-Grade Classrooms Into Army Training Grounds"
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