Ex-Oligarch beschuldigt
"Kreml paranoid": Putin befürchtet laut russischem Geheimdienst Putsch durch Regimekritiker
Aktualisiert:
von Michael ReimersDer russische Regimekritiker und Ex-Yukos-Chef Michail Chodorkowski. (Archivbild)
Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat dem im Exil lebenden Unternehmer Michail Chodorkowski vorgeworfen, einen Putsch gegen die russische Regierung zu planen. Das meldet "The Telegraph".
Das Wichtigste in Kürze
Russlands Geheimdienst befürchtet einem Medienbericht zufolge einen Putschversuch gegen Präsident Putin.
Im Visier der Ermittlungen steht der Regimekritiker Michail Chodorkowski.
Auch weitere Mitglieder des sogenannten Anti-Kriegskomitees werden beschuldigt.
Er war der reichste Mann Russlands, bis ihn der Kreml 2003 für zehn Jahre inhaftieren ließ: Michail Chodorkowski, der frühere Chef des inzwischen insolventen Öl- und Erdgaskonzern Yukos. Der 62-Jährige lebt seit einem Jahrzehnt mit seiner Familie in London und soll aus dem Exil heraus einen Putsch gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin planen.
Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen den Regimekritiker wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung für eine gewaltsame Machtergreifung wurde vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB eingeleitet, hatte Mitte Oktober die Deutsche Presse-Agentur (dpa) gemeldet. Die Vorwürfe bezeichnete Chodorkowski dpa zufolge bereits in einer Stellungnahme und jetzt noch einmal in "The Telegraph" als "Lügen".
"Das zeigt uns, dass der Kreml paranoid ist", zitierte die britische Zeitung John Herbst, Senior Director des Eurasia Center des Atlantic Council und ehemaliger US-Botschafter in der Ukraine. "Putin sucht nach Feinden, um sein Regime zu stärken."
Wie die "Frankfurter Rundschau" schreibt, gehen auch Beobachter:innen nicht davon aus, dass die Befürchtungen Putins bezüglich eines vermuteten Putschversuchs realistisch seien, sondern ein klares Zeichen für ein neues Gefühl der Verunsicherung und Verwundbarkeit des russischen Machtapparates. Hintergrund für die Befürchtungen des Kremls hinsichtlich eines Putschversuchs sollen die neuen US-Sanktionen gegen Russlands größte Ölkonzerne Lukoil und Rosneft sein, die der russischen Wirtschaft schwer zu schaffen machen dürften.
Das Ermittlungsverfahren des FSB wegen Terrorverdachts trifft neben Chodorkowski noch weitere bekannte Kremlkritiker:innen im Exil. Insgesamt werden 23 Mitglieder des sogenannten Anti-Kriegskomitees Russlands beschuldigt. Dazu zählen auch der Ex-Schachweltmeister Gari Kasparow und die Politologin Jekaterina Schulman. Bereits im Januar 2024 war das Anti-Kriegskomitee in Russland zur unerwünschten Organisation erklärt und damit praktisch verboten worden.
Der ebenfalls verfolgte Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa, der bei einem Gefangenenaustausch 2024 freikam, kritisierte, dass ausgerechnet Putin ein solches Verfahren anstrenge. "Ein Mann, der seit 25 Jahren an der Macht ist, Oppositionsführer ermorden lässt und friedliche Städte im Nachbarland bombardiert, beschuldigt seine politischen Gegner des "Terrorismus" und der "Machtübernahme"", schrieb er bei Telegram auch mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Chodorkowski wird vom FSB zudem öffentlicher Aufruf zu terroristischen Handlungen angelastet. Anlass ist der Mitteilung des russischen Inlandsgeheimdienstes zufolge eine 2023 vom Anti-Kriegskomitee in Berlin verabschiedete Deklaration und die Schaffung einer "Plattform russischer demokratischer Kräfte" in der parlamentarischen Versammlung des Europarats Anfang des Monats.
Das Anti-Kriegskomitee Russlands wurde kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 gegründet. Die Organisation kommentierte das nun eröffnete Ermittlungsverfahren mit ironischem Unterton: "Offensichtlich ist in Russland die ungewöhnlichste 'terroristische Organisation' der Welt entstanden", schrieb sie einem Beitrag auf Telegram. "Man stelle sich vor: Politologen, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Geschäftsleute würden beschuldigt, gewaltsam die Macht an sich zu reißen und eine terroristische Vereinigung zu gründen."
Verwendete Quellen:
Nachrichtenagentur dpa
The Telegraph: "Putin fears another coup as Russia finally begins to buckle"
Frankfurter Rundschau: "Russland-Geheimdienst schlägt Alarm: Putin fürchtet angeblich Putsch – 'Kreml ist paranoid'"
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