Hohe russische Verluste

Plötzlich wächst auch in Kreml-Kreisen die Kritik am Ukraine-Krieg

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von Joachim Vonderthann

Rekruten trainieren im Oktober 2022 auf einem Schießplatz im Süden Russlands.

Bild: ---/AP/dpa


Im Kreml-Umfeld mehren sich kritische Stimmen zur Lage an der Front in der Ukraine. Hohe Verluste, fehlendes Personal und strategische Rückschläge stellen die Kriegsführung von Putin zunehmend infrage.

Das Wichtigste in Kürze

  • Kremlnahe Stimmen kritisieren Russlands Kriegsführung als ineffektiv und verlustreich.

  • Hohe Verluste und fehlende Fortschritte an der Front sorgen für wachsenden Unmut.

  • Selbst innerhalb staatlich kontrollierter Medien gibt es Zweifel an der offiziellen Putin-Propaganda.

Die Einschätzungen zum Verlauf des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich in den vergangenen Monaten gewandelt. Während die russische Staatspropaganda weiterhin das Bild einer erfolgreichen Offensive zeichnet, melden sich nun auch prominente kremlnahe Stimmen mit deutlicher Kritik zu Wort. Dabei rücken sie nicht nur die militärischen Herausforderungen in den Fokus, sondern auch die hohen Verluste und die angespannte Lage an der Front, wie "T-Online" berichtet.

Kremlnahe Kreise kritisieren Russlands Kriegsführung in der Ukraine

Tatyana Montyan, eine russlandfreundliche ukrainische Bloggerin, warnte kürzlich, dass das von Machthaber Wladimir Putin regierte Russland möglicherweise auf eine neue Mobilisierungswelle zusteuern könnte. "In der ersten Septemberhälfte hat sich das Tempo der Offensive deutlich verlangsamt. Möglicherweise sind die letzten Reserven aufgebraucht", erklärte sie in einem Interview mit dem regierungsnahen Journalisten Pawel Iwanow. Dmitri Rogosin, russischer Senator für die besetzte Region Saporischschja, beschrieb die Situation auf seinem Telegramkanal als "Pattsituation".

"Unvergleichlich hohe" Verluste Russlands

Die Kritik geht jedoch noch weiter: Pawel Gubarew, ein früherer Anführer der pro-russischen Separatisten in der Ostukraine, sprach offen über die "unvergleichlich hohen" Verluste Russlands. Diese seien auf wiederholte Angriffe auf gut verteidigte ukrainische Stellungen zurückzuführen. Gubarew betonte zudem, dass die stetigen ukrainischen Angriffe auf russische Ölinfrastruktur Kiew einen strategischen Vorteil verschaffen würden.

Nach Angaben der ukrainischen Analyseplattform "Deep State" hat Russland von Juni bis August 2025 rund 1.548 Quadratkilometer neues Gebiet erobert, dabei jedoch 94.810 Soldaten verloren – durchschnittlich etwa 1.030 pro Tag.  Gubarew fasste die Lage dem Bericht zufolge mit den Worten zusammen: "In Wahrheit ist die Situation für uns bereits gleichbedeutend mit einer Niederlage."  Russland sei nicht in der Lage, die militärische Spezialoperation -  so nennt das offizielle Russland den Überfall auf die Ukraine - "mit einem Sieg abzuschließen."

Zweifel im Russen-TV an ukrainischen Opferzahlen

Auch innerhalb der staatlich kontrollierten Medien gibt es erste Zweifel an der offiziellen Darstellung des Kriegsverlaufs. In einer Polit-Talkshow auf dem russischen Sender NTV zweifelte ein Gast offen an den Angaben über ukrainische Verluste. Er widersprach der Behauptung, die Ukraine habe bis zu zwei Millionen Soldaten verloren, und stellte die Glaubwürdigkeit der offiziellen Berichte infrage. Der Militärexperte Iwan Stupak kommentierte dazu: "Propagandisten reden nur so lange, wie man sie reden lässt. Wenn die Wahrheit Schaden anrichtet, werden wir sehen, wie die Behörden reagieren."


Verwendete Quellen:

T-Online: "Gleichbedeutend mit einer Niederlage"

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