Talk über US-Präsidenten

Friedenspreis für Trump sorgt bei "Maischberger" für Spott: "An Lächerlichkeit kaum zu überbieten"

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von Marko Schlichting

Sandra Maischberger diskutiert mit ihren Gäst:innen über die USA unter Donald Trump.

Bild: WDR/ Melanie Grande


Heftige Kritik hat ein in der vergangenen Woche von der US-Regierung veröffentlichtes Strategiepapier ausgelöst. Die USA sähen erstmals Europa als Feind an, erklärt Politologe Peter Neumann in der ARD-Talkshow "Maischberger" am Dienstagabend.

Das Wichtigste in Kürze

  • Steinbrück und Experten warnen, dass die USA Europa im neuen Strategiepapier erstmals als Gefahr statt Partner darstellen.

  • Trumps Friedenspreis und seine harte Rhetorik gegenüber Europa sorgen in der Runde für Spott und scharfe Kritik.

  • Neumann fordert, Europa müsse ruhig bleiben, aber dringend Abhängigkeiten von den USA reduzieren und sich auf mögliche Konfliktszenarien vorbereiten.

Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist stinksauer, wenn er an die USA denkt. Nachdem US-Präsident Donald Trump Europa kritisiert und die europäischen nationalen Regierungen als "schwach" bezeichnet hat, redet Steinbrück bei Sandra Maischberger in der ARD am Dienstag Klartext. Im Verhältnis der USA und Europa sei etwas auseinandergebrochen, stellt er fest.

"Mit der Geschwindigkeit, in der sich die USA entdemokratisieren, entliberalisieren, oligarchisieren und erkennbar auch die transatlantische Partnerschaft derangieren, ist da längst etwas passiert, was man als Zeitenwende bezeichnen kann." Europa sei auf sich selbst zurückgeworfen, sagt Steinbrück. In dem Zusammenhang kritisiert er die schwache Reaktion aus Europa. "Manchmal habe ich den Eindruck: Die Art, wie wir behandelt werden, ist in Beziehung zu setzen auch zu der Art, wie wir uns behandeln lassen." Die europäischen Politiker:innen müssten viel selbstbewusster auftreten, verlangt Steinbrück.

Friedenspreis für Donald Trump sorgt für Spott

Doch was will Donald Trump eigentlich? Der US-Präsident hat in der vergangenen Woche ein Strategiepapier veröffentlicht. Darin fordert er unter anderem erneut eine neue europäische Sicherheitspolitik. Das ist nicht neu. Allerdings wirft er Europa mangelnde Meinungs- und Pressefreiheit vor. Das ist schwer zu akzeptieren von einem Präsidenten, der nur Meinungsfreiheit gestattet, wenn sie ihm schmeichelt. Geschmeichelt hat ihm auch FIFA-Präsident Infantino, der extra für Trump einen Friedenspreis erfunden hat. Sandra Maischbergers Gäste finden dafür klare Worte: "Infantino braucht den Preis 'Arschkriecher des Jahres'“, so Wissenschaftsjournalist und Moderator Dirk Steffens. Und Reporterin Julia Ruhs vom Bayerischen Rundfunk findet: "Das ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten." Das Ziel Donald Trumps sei, Europa zu entzweien, sagt Steffens.

Peter Neumann, Professor für Politikwissenschaft am Kings College in London, hat lange Zeit in den USA gelebt. Er analysiert bei Sandra Maischberger am Dienstagabend: "Es gibt diese nationalen Sicherheitsstrategien in den USA seit Jahrzehnten. Da geht es einfach darum, zu sagen: Wir brauchen eine Außen- und Sicherheitspolitik aus einem Guss. Wir sind die größte und wichtigste Militärmacht der Welt, wir müssen einheitlich auftreten, wir müssen eine Linie vertreten. Und darum ist das ein Dokument, in das unglaublich viel Arbeit und Energie investiert wird." Das Dokument repräsentiere die Position der USA in der Welt und nach innen, so Neumann. Darin sei aufgeführt, was der US-Präsident erreichen wolle.

Europa bewege sich in eine schlechte Richtung, das sei sehr schlecht für die Menschen, sagte Donald Trump am Montag. "Wir wollen nicht, dass sich Europa so sehr verändert", fügte er hinzu. Das Strategiepapier geht weiter. Europa treibe auf einen zivilisatorischen Untergang zu, heißt es darin. Teile der US-Regierung meinen das laut Peter Neumann ernst. Neumann geht sogar noch weiter: "Das ist das erste Strategiepapier, in dem Europa nicht mehr als Partner beschrieben wird", sagt er. Es habe noch nie eine Sicherheitsstrategie in den USA gegeben, in der Europa als Feind bezeichnet worden sei. "Das ist, was in dem Papier steht: Europa als Gefahr für die Demokratie. Wir unterstützen die, die in Europa gegen das aktuelle liberal-demokratische, woke, links-grün versiffte europäische Regime kämpfen."

"Panik ist immer ein schlechter Berater"

Damit mische sich die US-Regierung erstmals seit dem Ende des kalten Krieges in die europäische Innenpolitik ein, kritisiert Neumann. Ob sich die USA auch in demokratische Wahlen einmischen werden, kann Neumann zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Klar sei aber in Bezug auf Deutschland, "dass die amerikanische Regierung sehr genau darauf achtet, wie die Bundesregierung mit der AfD umgeht." Gleichzeitig würden die Verbindungen zwischen der AfD und den Republikaner:innen immer enger. "Man kann sich vorstellen, dass das in den nächsten Monaten und Jahren weiter eskalieren wird. Ich kann mir sogar vorstellen als Extremszenario, dass die USA möglicherweise sogar Sanktionen erlassen gegen Deutschland oder gegen andere Staaten, wenn sie glauben, dass ihre Parteien, die patriotischen Kräfte, unfair benachteiligt werden."

Wie sollte sich Europa nun verhalten? Neumann ist klar. "Zunächst sollte man keine Panik haben. Panik ist immer ein schlechter Berater. Aber ich finde, dass man hinter den Kulissen ganz konkret damit anfängt, Szenarien zu entwickeln, wie Deutschland auf mögliche Sanktionen reagiert. Wichtig ist auch, dass man sich anschaut, welche Abhängigkeiten genau bestehen: Sicherheit, Geheimdienst, Militär, digitale Infrastruktur, Finanzinfrastruktur. Und dann sollte man damit anfangen, endlich diese Abhängigkeiten zu verringern. Darüber reden wir seit zehn Jahren."

Trumps Ziel sei die Normalisierung der Beziehungen zu Russland, liest Neumann aus dem Strategiepapier heraus. Darum fordert er: "Europa hat die Rolle, die Leute zu stärken, die da noch eine etwas nuancierterere, differenziertere Position haben, wie zum Beispiel Außenminister Marco Rubio."

Bleibt zu hoffen, dass die europäischen Spitzenpolitiker nach dem Sicherheits- und Strategiepapier der US-Regierung endlich aufwachen. Schon lange ist ihnen offenbar bewusst, dass die USA als Sicherheitsfaktor bald wegfallen werden. Echte Konsequenzen aus der Erkenntnis lassen jedoch immer noch auf sich warten.

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