Bei russischem Angriff

Sorge im Baltikum wächst: Evakuierungspläne für Hunderttausende Menschen

Veröffentlicht:

von Max Strumberger

Die baltischen Staaten rüsten sich für den Ernstfall: Angesichts der Bedrohung durch Russland entwickeln Estland, Lettland und Litauen detaillierte Evakuierungspläne.

Bild: Imago


Die geopolitische Lage im Baltikum spitzt sich zu. In Estland, Lettland und Litauen wächst die Angst vor einer russischen Aggression. Die Länder reagieren mit umfassenden Vorbereitungen, darunter Evakuierungsplänen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bedrohung durch Russland sorgt für Alarmstimmung in Estland, Lettland und Litauen.

  • Die baltischen Staaten sehen sich gezwungen, konkrete Maßnahmen zu ergreifen.

  • Sie bereiten Evakuierungspläne für Hunderttausende Menschen vor, falls Russland tatsächlich die NATO angreifen sollte.

Die Sorge wächst, dass Russland nach dem Ukraine-Krieg als nächstes Estland, Lettland oder Litauen ins Visier nehmen könnte. Die baltischen Länder bereiten sich bereits auf das Schlimmste vor. Die baltischen Staaten sehen sich gezwungen, umfassende Evakuierungspläne für Hunderttausende Menschen zu entwickeln. Litauen plant bereits für den Ernstfall: Sollte es zu einem russischen Angriff kommen, könnten bis zu 400.000 Menschen aus der Grenzregion fliehen müssen.

Allein 300.000 von ihnen sollen in Notunterkünften wie Schulen, Kirchen und Veranstaltungshallen untergebracht werden. Auch Estland rechnet mit der Evakuierung von rund 10 Prozent seiner Bevölkerung, während Lettland davon ausgeht, dass ein Drittel seiner 1,9 Millionen Einwohner ihre Häuser verlassen müsste. Die baltischen Staaten betonen, dass ihre Vorbereitungen nicht nur auf Panikmache beruhen, sondern auf sorgfältiger Planung.

Der litauische Vize-Innenminister Kestutis Budrys erklärte, dass die Maßnahmen eine beruhigende Botschaft an die Gesellschaft senden sollen. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagte er und unterstrich damit die Entschlossenheit der Region, sich gegen mögliche Aggressionen zu wappnen. ''


Der Suwalki-Korridor: Achillesferse der Region

Neben der direkten militärischen Bedrohung durch Russland bereiten auch hybride Kriegsführungsstrategien wie Drohnenaktivitäten und Sabotageaktionen auf NATO-Gebiet den baltischen Staaten Sorgen. Immer wieder werden Berichte über russische Drohnenflüge in der Nähe von NATO-Grenzen bekannt, die sowohl zur Aufklärung als auch zur Einschüchterung dienen könnten. Sabotageakte gegen kritische Infrastruktur wie Energie- oder Kommunikationsnetze sind ebenfalls ein realistisches Szenario.

Eine besondere Schwachstelle in der Verteidigung der baltischen Staaten ist der sogenannte Suwalki-Korridor. Dieser schmale Landstreifen verbindet Litauen mit Polen und damit mit dem restlichen NATO-Gebiet. Sollte Russland diesen Korridor blockieren, wären Estland, Lettland und Litauen vom Rest Europas abgeschnitten – eine strategische Katastrophe für die NATO. Die Region wird deshalb als potenzieller Brennpunkt eines Konflikts betrachtet. Obwohl NATO-Truppen, darunter ein deutsches Panzerbataillon, in der Region stationiert sind, wissen die baltischen Staaten, dass sie im Ernstfall zunächst auf sich allein gestellt sein könnten.

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