Gipfel im Kanzleramt

Merz präsentiert Plan zur Rettung der Stahlindustrie in Deutschland

Veröffentlicht:

von Momir Takac

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Stahl-Gipfel im Kanzleramt

Videoclip • 02:11 Min • Ab 12


Nach dem "Stahlgipfel" im Kanzleramt kündigt Bundeskanzler Merz an, den in Deutschland kriselnden Industriezweig retten zu wollen. Auch Schutzzölle sind im Gespräch.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Stahlbranche steckt in einer schweren Krise.

  • Kanzler Merz lud zu einem Gipfel ins Kanzleramt und kündigte Maßnahmen an.

  • Die Stahlbranche begrüßte die Ankündigungen

Billigstahl aus China und hohe Energiekosten haben die Stahlindustrie in Deutschland in eine schwere Krise gestürzt. Um Auswege daraus zu finden, lud Bundeskanzler Friedrich Merz Vertreter der Branche zu einem Gipfel ins Kanzleramt. Anschließend zeigte sich der Regierungschef entschlossen zur Rettung.

Kanzler Merz will deutsche Stahlbranche retten

"Wir sprechen über das Schicksal einer Schlüsselindustrie", sagte Merz nach dem Gipfel im Kanzleramt. Der CDU-Chef versprach eine große Anstrengung der Bundesregierung, um die deutsche Stahlindustrie zu erhalten. Er unterstützt Vorschläge der EU-Kommission, die heimische Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz aus Ländern wie China zu schützen.

Die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission für einen wirksamen Schutz der Stahlindustrie gingen in die richtige Richtung. Es brauche zudem niedrigere Energiepreise, um die Branche zu stabilisieren. Dabei seien die Aussichten für einen subventionierten Industriestrompreis ab 2026 für drei Jahre gut, betonte Merz. Über die konkrete Ausgestaltung beraten derzeit Bundesregierung und EU-Kommission.

Klingbeil: "Stahlgipfel" im Kanzleramt "teilweise sehr emotional"

Vizekanzler Lars Klingbeil sagte, das Fundament für ein starkes Deutschland sei eine starke Industrie - und die Stahlindustrie im Besonderen. Mit Blick auf das Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur sagte der Finanzminister, die Bundesregierung wolle, dass vorrangig heimischer und europäischer Stahl eingesetzt werde.

"Es war teilweise sehr emotional", sagte der SPD-Chef über die Beratungen. Die Beschäftigten seien in der Transformation der Industrie verunsichert und sorgten sich um ihre Arbeitsplätze. Diesen Menschen müsse in dem Wandel Sicherheit gegeben werden. "Das haben wir als gemeinsame Aufgabe definiert."

Stahlbranche begrüßt Merz' Ankündigungen

Die Stahlbranche begrüßte die Ankündigung. "Es war eine große Runde, aber ich glaube, es war gut und richtig, dass wir aus allen Perspektiven die Themen beleuchtet haben", sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler. Es sei klargeworden, dass das Thema Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie ganz vorne anstehe. "Der Handlungsdruck ist groß." Die Situation sei dramatisch. Notwendig sei unter anderem ein fairer Wettbewerb statt Marktverzerrung und ein robuster Handelsschutz.

Die IG Metall forderte, dass die Vereinbarungen rasch umgesetzt werden. "Wir haben heute ein gemeinsames Verständnis erreicht und konkrete Verabredungen getroffen", sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft, Jürgen Kerner. Die Probleme der Stahlindustrie seien damit nicht plötzlich gelöst, aber man sei einen guten Schritt weiter. Merz habe sich klar für den Erhalt der Arbeitsplätze in der Stahlindustrie ausgesprochen.

Stahlbranche schwer unter Druck

Die deutsche Stahlindustrie leidet unter der Krise in Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie. Hinzu kommen gestiegene Energiepreise, Billigimporte vor allem aus China, hohe US-Importzölle und hohe Kosten für den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion. Die Branche warnte vor einem dauerhaften Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland.

Die EU-Kommission hat Maßnahmen zum Schutz der heimischen Stahlindustrie vorgeschlagen. Die Menge für zollfreie Importe soll nahezu halbiert werden. Der Zollsatz für Importe, die darüber hinausgehen, soll auf 50 Prozent verdoppelt werden. Merz stellte sich hinter die Vorschläge aus Brüssel. Es müsse einen wirksamen Außenhandelsschutz vor staatlich subventioniertem Stahl vor allem aus China geben, der die Märkte überschwemme.

EU-Schutzzölle könnten Verhandlungen mit USA erschweren

Das sei etwas anderes als das, was man in früheren Zeiten für richtig gehalten habe, sagte Merz und nannte offene Märkte. "Die Zeiten sind leider vorbei." Deswegen müsse man die heimischen Hersteller schützen.

EU-Schutzzölle könnten aber Auswirkungen auf die ohnehin schwierigen Verhandlungen mit den USA haben, die für Stahl und Aluminium Importzölle von 50 Prozent erheben - welche die Bundesregierung scharf kritisiert.

Bundesregierung beschließt Entlastung bei Energiepreisen

Die Bundesregierung hat bereits eine Entlastung bei den Strom-Netzentgelten beschlossen. Zudem soll zum 1. Januar 2026 für drei Jahre ein staatlich subventionierter, niedrigerer Industriestrompreis eingeführt werden. Merz sagte, die Aussichten seien gut, dass die EU-Kommission zustimmt. 

Zudem soll die sogenannte Strompreiskompensation verlängert und ausgeweitet werden. Dabei werden Firmen indirekt von Kosten des CO2-Emissionshandels entlastet. Groebler sagte, notwendig sei eine Kombinationsmöglichkeit des Industriestrompreises mit der Strompreiskompensation. Im Vorfeld des Gipfels warnte eine Studie vor den Folgen für die deutsche Wirtschaft, falls Stahl nur noch importiert würde.


Verwendete Quellen:

Nachrichtenagentur Reuters

Nachrichtenagentur dpa

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