Verbraucherpreise noch hoch

"Desaster": Landwirte verzeichnen zu hohe Kartoffel-Ernte

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von dpa

Es gibt zu viele Kartoffeln und die Preise sind relativ schlecht.

Bild: Jan Woitas/dpa


Deutsche Landwirt:innen haben 2025 eine sehr gute Kartoffelernte eingefahren. Doch das ist nicht unbedingt ein Grund zur Freude.

Des einen Leid ist nicht immer des anderen Freud' - das gilt jedenfalls für die aktuelle Situation der Kartoffelbauer:innen. So sind wegen einer guten Kartoffel-Ernte und eines großen Angebots die Erzeugerpreise eher mau. Aber die Verbraucher:innen profitieren davon kaum, sagt der Kartoffelmarkt-Experte Christoph Hambloch von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn.

Im Durchschnitt bekämen die Landwirt:innen derzeit pro 100 Kilogramm nicht viel mehr als zehn Euro, sagte Hambloch vor allem mit Blick auf Betriebe in Norddeutschland. In den Supermärkten lägen die Preise aber oft bei mehr als 1,50 Euro pro Kilogramm. "Die Verbraucherpreise liegen teilweise um das zehn- bis 15-fache über dem, was die Landwirte bekommen", erklärt Hambloch.

Landwirt:innen: Preise ein Desaster

Auch wenn die Verbraucherpreise im Vorjahresvergleich durchschnittlich um bis zu sieben Cent heruntergegangen seien, seien sie aus seiner Sicht noch immer hoch, sagt Hambloch. Für die Landwirt:innen seien die Preise dieses Jahr ein Desaster, aber auch die Verbraucher:innen hätten keinen Grund zum Jubeln. Die gesamte Lieferkette, von den Packbetrieben über die Logistik bis zum Lebensmitteleinzelhandel, wolle eben auch Geld verdienen.

Der Hauptgrund für die eher mäßigen Erzeugerpreise liegt in einer deutlichen Ausdehnung des Kartoffel-Anbaus. In Deutschland sei die Anbaufläche für Kartoffeln im vergangenen Jahr um knapp 7 Prozent auf etwas mehr als 300.000 Hektar ausgedehnt worden, sagt Sebastean Schwarz, Geschäftsführer der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (Unika) in Berlin.

Konkurrenz aus dem Ausland

Die Ernte ist Schwarz zufolge in diesem Jahr um mehr als 5 Prozent gewachsen. Auch in den europäischen Nachbarländern seien der Kartoffel-Anbau und damit die Erntemenge ausgedehnt worden. Als einer der Spitzenproduzenten in Europa sei Deutschland auf den Export von Speise- und Verarbeitungskartoffeln angewiesen.

Aber aus dem Ausland habe Deutschland Konkurrenz bekommen: "Auf dem Weltmarkt für Tiefkühlpommes sind mit China, Indien und weiteren Ländern neue Wettbewerber eingestiegen und die Nachfrage nach europäischer Ware ist auch aufgrund der Stärke des Euro gesunken", erklärt Schwarz.

Liefermengen schon im Vorjahr verhandelt

Was viele Fachfremde nicht wissen: Kartoffeln werden gezielt nach Sorte für klar definierte Verwertungsrichtungen angebaut. So wird unterschieden zwischen Speisekartoffeln, Verarbeitungskartoffeln etwa für Pommes oder Chips, Stärke-Kartoffeln und Pflanzkartoffeln. Ein Austausch zwischen diesen Verwertungsrichtungen sei nur sehr schwer möglich, erläutert Schwarz: Stärke-Kartoffeln seien für den direkten Verzehr schlicht nicht schmackhaft, Pflanzkartoffeln könnten nicht für die Verarbeitung verwendet werden.

Eine Folge dieser Spezialisierung ist, dass vor allem für Kartoffeln, die zur Verarbeitung zu Chips, Knödeln oder Pommes bestimmt seien, schon im Vorjahr Liefermengen vereinbart werden. In einem Jahr mit guter Ernte sei der Bedarf gedeckt, und Kartoffeln, die ohne vertragliche Bindung angebaut wurden, fänden daher keinen Abnehmer:innen. "Das kommt in diesem Jahr mit einer europaweit großen Ernte ganz besonders zum Tragen und die Produzent:innen, die keine Abnahmeverträge im Vorjahr ausgehandelt haben, müssen alternative Verwertungsmöglichkeiten finden", sagt Schwarz.


Union der Kartoffelbauern: Lagerung nicht wirtschaftlich

Das könne sogar die Folge haben, dass die nicht gebrauchten Kartoffeln in die Biogasanlage gehen oder als Tierfutter verwendet werden. Denn eine Lagerung sei zu teuer, koste Platz und Energie, erklärt der Unika-Geschäftsführer. Außerdem sei die Lagerfähigkeit von Kartoffeln begrenzt.

Berichte über Landwirt:innen, die ihre unverkäuflichen Kartoffeln einfach im Acker lassen, beziehen sich aus Sicht von Hambloch und Schwarz eher auf Einzelfälle. Kartoffeln, die ungeerntet im Boden bleiben, könnten Krankheiten übertragen, sagt Hambloch. Vereinzelt sei das geschehen - "insbesondere, wenn der Betrieb entscheidet, künftig keine Kartoffeln mehr anzubauen", erklärt Schwarz.

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