Zeitenwende

US-Schutz für Europa: Röttgen sieht im Miosga-Talk historische Epoche als beendet an

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von Marko Schlichting

Nach der Abkehr der USA von Europa stellt CDU-Außenexperte Norbert Röttgen bei "Caren Miosga" das "Ende einer Ära" fest.

Bild: NDR / Thomas Ernst


"Die 'Methode Daddy' ist ans Ende gekommen": Sicherheitsexperte Nico Lange forderte bei "Caren Miosga" ein starkes Europa - unabhängig von Donald Trump. Ob das wirklich klappt, daran hatten die Gäste aber erhebliche Zweifel. Norbert Röttgen sah gar das "Ende einer Ära".

Das Wichtigste in Kürze

  • Gesprochen wurde über die aktuellen Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine, die erstmals auf Betreiben europäischer Staaten in Berlin stattfinden.

  • Wichtig sei, dass Europa jetzt handele und die eingefrorenen russischen Vermögen freigebe, forderte Nico Lange.

  • Röttgen forderte, Europa müsse eigenständig werden, auch militärisch.

Eigentlich ist eine Talkshow dazu da, dass dort konträr diskutiert wird. "Caren Miosga" macht da oft eine Ausnahme - besonders stark am Sonntagabend zu beobachten. Da hatte sich die Talkmasterin in ihre ARD-Show drei Gäste eingeladen, die dem gleichen konservativen Lager angehörten: CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, Sicherheitsberater Nico Lange und Journalistin Annett Meiritz (war jahrelang US-Korrespondentin des "Handelsblatts").

Gesprochen wurde über die aktuellen Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine, die erstmals auf Betreiben europäischer Staaten in Berlin stattfinden. Russland ist nicht dabei, dafür aber die Chefs diverser europäischer Staaten sowie Unterhändler aus den USA und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. "Das konnte passieren durch entschiedene und entschlossene Diplomatie unter der Führung des Bundeskanzlers", freute sich Norbert Röttgen.

Doch dass die Verhandlungen am Ende erfolgreich sein werden, glaubte niemand so recht. Sie könnten jedoch ein kleiner Schritt auf dem Weg zu einem Frieden in der Ukraine sein. Annett Meiritz kritisierte die US-Unterhändler: "Ich frage mich, wie viel Vertrauen bei diesen Verhandlungen tatsächlich vorherrscht seitens der Deutschen und Europäer in das Verhandlungsgeschick von Jared Kushner." US-Präsident Donald Trump habe zwar ein Ohr für Kushner, der jedoch vertrete vor allem wirtschaftliche Interessen. Entsprechend zweifelte die Journalistin: "Ich bin nicht sicher, ob sie die Richtigen sind."

Experte über Verhältnis Europas zu Trump: "Die 'Methode Daddy' ist ans Ende gekommen"

Wichtig sei, dass Europa jetzt handele und die eingefrorenen russischen Vermögen freigebe, forderte Nico Lange. Und man müsse stark gegenüber den Vereinigten Staaten auftreten, die Europa laut einem von der US-Regierung veröffentlichten Strategiepapier nicht mehr als Verbündeten ansehen würden. Europa müsse jetzt handeln, fordert Lange: "Die 'Methode Daddy' ist ans Ende gekommen, also sich zu besprechen und dann Trump anzurufen, damit der die europäische Sicherheit für uns löst."

Röttgen prophezeite derweil, dass die russischen Gelder zur Unterstützung der Ukraine auf einem EU-Gipfel am Donnerstag freigegeben werden. Doch Lange will noch mehr: Die russische Schattenflotte solle nicht mehr in der Ostsee operieren dürfen, außerdem müsse Schluss sein mit russischen Ölimporten aus Indien. "Das geht alles in Putins Kriegskasse", erklärte Lange seinen Ansatz.

Strittig bleiben außerdem ukrainische Gebietsabtretungen an Russland. "Ich fürchte, das ist ein Missverständnis von Herrn Witkoff", warf Nico Lange ein. "Ich befürchte, wir reden da über etwas, das als Vorschlag von russischer Seite gar nicht auf dem Tisch ist."

Röttgen sieht Europa "in der Zange" - aber beobachtet auch "viel Potenzial"

Das eigentliche europäische Problem sei jedoch, dass sich die Vereinigten Staaten sehr deutlich von Europa abkoppeln wollen, warnte Meiritz: Dort rede man von fünf großen Weltmächten, Europa gehöre nicht dazu. Röttgen sah es ähnlich: "80 Jahre lang hat die amerikanische Europapolitik Sicherheit und Frieden in Europa als wichtigstes Interesse definiert und das auf Werte gestützt: Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, die Wiedervereinigung. Diese geschichtliche Epoche ist beendet."

"Die europäische Vision müsste sein, auf dem europäischen Kontinent selbst für Sicherheit zu sorgen", formulierte Lange die Meinung, der sich die anderen Gäste anschlossen. Lange weiter: "Europäische Sicherheit und die Sicherheit der Ukraine ist das Gleiche. Das haben einige Länder in Osteuropa längst so entschieden, aber wir haben das noch nicht gemacht. Andere in Europa auch nicht. Und wenn das das Gleiche ist, dann müssen wir sagen: Wir müssen die Ukraine in die Lage versetzen, Putin zum Waffenstillstand zu drängen."

Zudem müsse Europa eigenständig werden, auch militärisch, forderte Röttgen. "Es ist eine neue Ära", stellte der Politiker fest. Die Beziehungen zwischen den USA und Europa, wie es sie bisher gab, kämen nicht mehr zurück, auch nicht, wenn die demokratische Partei in den USA regiere. Dennoch schränkte Röttgen ein, "dass es genauso sehr an uns liegt, wie wir damit jetzt umgehen und wie wir uns selber definieren in dieser Zange, in der wir sind. Wir haben viel Potenzial und Möglichkeiten dazu."

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