Präzedenzfall
Ukraine will Russland erstmals für klimaschädliche Kriegsfolgen haftbar machen
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von dpaAbgebrannte Wälder, dazu Abgase von Militärfahrzeugen: Auch für das Klima ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Katastrophe.
Bild: Evgeniy Maloletka/AP/dpa
Studien zufolge hat der Ukraine-Krieg inzwischen mehr als 235 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten produziert. Die ukrainische Regierung forderte jetzt von Russland eine umfassende finanzielle Entschädigung für die Klimaschäden - ein völkerrechtlicher Präzedenzfall.
Die Ukraine fordert von Russland 43 Milliarden US-Dollar Schadenersatz für während des Angriffskriegs erlittene Klimaschäden. Damit soll ein umweltfreundlicher Wiederaufbau nach dem Krieg finanziert werden, sagte der stellvertretende Wirtschafts- und Umweltminister Pawlo Kartaschow auf der UN-Klimakonferenz in Brasilien. Als Beispiele nannte er die enormen Mengen an Kerosin, Öl und Diesel, die Jets, Schiffe und Panzer verbrennen, sowie abgebrannte Wälder und zerstörte Gebäude. "In vielerlei Hinsicht führt Russland einen schmutzigen Krieg – und unser Klima ist ebenfalls ein Opfer."
Mehr Treibhausgase durch Panzer und Jets
Die Forderung basiert auf Berechnungen der Initiative zur Treibhausgasbilanzierung von Kriegen (IGGAW). Im Oktober hatte sie mitgeteilt, dass seit der russischen Invasion im Februar 2022 wegen des Kriegs so viel klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen wurden wie Österreich, Ungarn, Tschechien und die Slowakei gemeinsam in einem Jahr freisetzen.
Ein Drittel der Treibhausgase wurde demnach durch den Krieg selbst freigesetzt, etwa durch Panzer und Jets. Ein weiterer wichtiger Faktor sind vom Krieg entfachte Wald- und Buschbrände. Sie wüteten mehrheitlich an oder nahe der Frontlinien oder in Grenzgebieten.
Juristisch international verankert
Lennard de Klerk, Hauptautor des IGGAW‑Berichts, erklärte, die sorgfältige Dokumentation der Emissionen bilde die Grundlage für die Entschädigungsforderung. "Der Mechanismus dafür ist im internationalen Recht verankert. Und sobald die Forderung eingereicht ist, wird die Ukraine das erste Land sein, das ein anderes Land für kriegsbedingte Klimaemissionen zur Verantwortung zieht." Die Ansprüche sollen Anfang des Jahres beim Schadensregister für die Ukraine des Europarats eingereicht werden.
Der gesamte Ausstoß des Ukraine-Kriegs liegt der Studie zufolge bei inzwischen 237 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten. In diese Maßeinheit werden die verschiedenen Treibhausgase umgerechnet und so vergleichbar gemacht. Hintergrund ist, dass etwa Methan vielfach klimaschädlicher wirkt als CO2. Darauf wendete IGGAW nach eigenen Angaben das wissenschaftlich anerkannte Modell des "sozialen Kohlenstoffpreises" an, um auf eine Gesamtsumme von 43,8 Milliarden US‑Dollar zu kommen.
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