Schicksalsfrage für Europa
Norbert Röttgen bei Illner über US-Strategie: "Mit Russland verbunden"
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von Doris NeubauerNorbert Röttgen zeigte sich angesichts des US-Strategiepapiers fassungslos: "Die USA stehen jetzt zum ersten Mal seit 80 Jahren nicht mehr an unserer Seite. Sie haben sich verbunden mit Russland."
Bild: ZDF/Jule Roehr
Die EU steht laut Norbert Röttgen vor einer "Schicksalsfrage": Sie müsse entscheiden, ob sie selbst handeln oder zum Spielball von den USA und Russland werden möchte. Kiews Bürgermeister Klitschko machte bei Illner indes klar: Die Ukraine gibt nicht auf.
Das Wichtigste in Kürze
Die Verhandlungen über einen Friedensplan für die Ukraine gehen weiter.
CDU-Außenpolitiker Röttgen zeigt sich entsetzt über Trumps Vorschläge.
Kiews Bürgermeister Klitschko zeigt sich willig, weiterzukämpfen.
Seit Wochen laufen die Verhandlungen über den US-Friedensplan für die Ukraine. Dabei setzt Präsident Donald Trump vor allem die Ukraine unter Druck: Gebietsabtretungen sind genauso vorgesehen wie die Besetzung von Regionen durch die russische Armee und demilitarisierte Wirtschaftszonen.
Zudem fordert Trump Neu-Wahlen in der Ukraine. "Putin sitzt da und kann nicht fassen, wie viele Geschenke er einsammelt", zeigte sich CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen in der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner" fassungslos. Das Ende des Kriegs sei trotzdem nicht abzusehen, denn "es gibt keinerlei Hinweise, dass Russland zu Kompromissen bereit ist", schätzt Sicherheitsexpertin Claudia Major die Lage ein.
Kiews Bürgermeister: "Wir kämpfen weiter!"
Ein Einlenken sei auch von ukrainischer Seite nicht zu erwarten, betonte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko: "Wir kämpfen weiter! Keiner kann uns besiegen, so lange kämpfen wir", ließ er im Gespräch mit Moderatorin Maybrit Illner keine Kriegsmüdigkeit spüren. "Wir kämpfen für unsere europäische Zukunft, für unseren Traum: Die Ukraine wird eines Tages ein Teil der europäischen Familie", fügte er im Interview hinzu, das vor Sendung zum Thema "Endspiel um die Ukraine - Trump und Putin gegen Europa?" aufgezeichnet wurde.
Die europäischen und demokratischen Werte hätten eine wichtige Rolle für jede Person aus der Ukraine. Deshalb sei der aktuelle Korruptionsskandal, der das Land erschütterte, ein "Tiefschlag", denn er zerstöre das Vertrauen von internationalen Partner:innen und vom Volk in die eigene Regierung. Über Neu-Wahlen oder gar die Frage, ob er selbst fürs Amt des Präsidenten kandidiere, wollte er jedoch nicht spekulieren. "Heute gehe es um die Souveränität des Landes, ob die Ukraine existiert oder nicht", verwies er auf andere Prioritäten
Wir kämpfen weiter! Keiner kann uns besiegen, so lange kämpfen wir.
Norbert Röttgen: "Wenn wir scheitern, weiß ich nicht, was wir danach noch machen"
"Die Ukrainer werden weiterkämpfen", bestätigte Katrin Eigendorf, internationale Sonderkorrespondentin des ZDF. Allerdings sei der Zustand im Land verheerend, deshalb müsse der Plan der EU gelingen. Dieser sieht vor, die in Europa liegenden 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank auf unbestimmte Zeit einzufrieren. Nur so sei die Verteidigung der Ukraine in den nächsten zwei Jahren sicherzustellen, erklärte die Journalistin.
"Wenn das stattfindet, dann ist die EU wieder im Spiel, weil wir nicht nur lamentiert haben", merkte Wolfgang Ischinger von der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) an. Europa müsse sich gegen die Amerikaner behaupten, die die beschlagnahmten Milliarden als Teil der Verhandlungsmasse für Friedensgespräche mit Moskau sehen. Röttgen verstand diese "Selbstbehauptung nicht nur gegenüber Moskau, sondern gegenüber Washington" sogar als "Schicksalsfrage für uns": "Wenn wir scheitern, weiß ich nicht, was wir danach noch machen. Deshalb muss es gelingen", drängte er. Zumal die vor kurzem veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie Donald Trumps verdeutlicht hätte: "Die USA stehen erstmals seit 80 Jahren nicht mehr an unserer Seite, sondern sind mit Russland verbunden."
US-General: Plan nur für Putin ein Vorteil
Für den ehemaligen Oberkommandeur der US-Armee in Europa, Ben Hodges, sei das Papier "ein Schlag in die Magengrube". "Ich bin wütend, weil 80 Jahre weggeworfen werden", wurde er emotional. "Für mich fühlt es sich an wie ein Betrug unter Freunden, die eigentlich an einem Tisch sitzen." Das Papier sei nicht nur schlecht für Europa, sondern auch für Amerika - "geschäftlich, aber auch, weil wir Verbündete in Bezug auf Truppen und geheimdienstlichen Informationen brauchen - und zwar dringend." All das werde mit dieser Strategie weggeworfen. "Der Einzige, der einen Vorteil daraus ziehen wird, ist Wladimir Putin", stand für ihn fest.
Putin, ein "Profi im Übern-Tisch-Ziehen"
Dass nicht die Amerikaner:innen, sondern die Russ:innen "das Spiel beherrschen", davon war auch Eigendorf überzeugt. Putin sei ein "ausgebuffter Profi im Übern-Tisch-Ziehen, die Amerikaner sind dem nicht gewachsen". Russland hätte seit Jahren die Destabilisierung von Europa, der USA sowie der transatlantischen Beziehungen praktiziert - "bei der USA waren sie erfolgreich", musste sie zugestehen. Europa hingegen scheint etwas richtig gemacht zu haben, wenn es als "erfolgreiches Modell von freier Marktwirtschaft und Demokratie" angefeindet werde. Deshalb gebe es keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken: "Wir sind nicht allein. Es gibt auch Länder außerhalb Europas, die nicht mitgehen mit dieser Politik."
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