Bye bye Ein-Kind-Politik

"Kondomsteuer": So will China die Geburtenrate ankurbeln

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von Kira Born

In China werden Kondome in Zukunft deutlich teuer - mit einer Steueranhebung auf Verhütungsmittel.

Bild: REUTERS


Mit teureren Verhüttungsmethoden will die chinesische Führung die sinkenden Geburtenraten auffangen - Experten:innen sehen den Schritt kritisch.


Das Wichtigste in Kürze

  • China kämpft mit immer weiter sinkenden Geburtenraten.

  • Als Gegenmaßnahme erhebt China auf vorher steuerfreie Verhütungsmittel nun 13 Prozent Mehrwertsteuer.

  • Beobachter:innen befürchten jedoch nicht das gewünschte Ergebnis, sondern einen Anstieg bei ungewollten Schwangerschaften und Ansteckungen mit Sexualkrankheiten.

Jahrzehnte der Ein-Kind-Politik - dann 2015 die Auflösung der Regulation in der Familienplanung, um die Geburtenraten wieder anzukurbeln. Denn 2024 wurden laut dem Statistikamt der Volksrepublik nur 9,5 Millionen Kinder geboren – fast ein Drittel weniger als noch im Jahr 2019. Damit überholte 2023 Indien China als bevölkerungsreichstes Land der Erde, da in China erstmal die Sterberaten, die Geburtsraten überstieg. Um hier weiter gegenzusteuern, kündigt die Führung in Peking eine Steuererhebung für Verhütungsmittel ab dem 1. Januar 2026 an.

Ob der Schritt das gewünschte Ziel erreicht und der chinesischen Bevölkerung zuträglich ist, bleibt offen. Denn zu den Verhütungsmitteln gehören auch Kondome, die bei den steigenden Zahlen der Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten in China das wichtigste Präventionsmittel sind.

Mehr Kinder in China durch teurere Verhütungsmittel

Zuvor waren Verhütungsmittel in China steuerfrei. Ab kommenden Jahr wird die allgemeine Mehrwertsteuer von 13 Prozent auf Produkte wie die Pille und Kondome aufgeschlagen, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Ziel ist es, den sinkenden Geburtenraten im Reich der Mitte entgegenzutreten und Familien dazu zu motivieren, mehr Kinder zu bekommen.

In den chinesischen sozialen Medien gibt es für den Schritt der Führung jedoch eher Häme als Lob. Viele spotten, dass das Großziehen eines Kindes immer noch teurer sei als in kostspieligere Verhütungsmethoden zu investieren. Auch Expert:innen bezweifeln die Wirksamkeit der Maßnahme: "Die Auswirkungen der Steuer auf die Geburtenrate werden sehr begrenzt sein. Für Paare, die keine Kinder wollen oder keine weiteren Kinder wünschen, dürfte eine 13-prozentige Steuer auf Verhütungsmittel ihre reproduktiven Entscheidungen kaum beeinflussen, insbesondere angesichts der weitaus höheren Kosten für die Kindererziehung", gab Qian Cai, Direktorin der Demografie-Forschungsgruppe an der Universität von Virginia gegenüber AP an.

Pille, Spirale oder Kondom? Wie verhüten die Chinesen?

In den meisten Ländern liegt die Schwangerschaftsprävention alleine in den Händen der Frau. Wie eine Erhebung der Bill & Melinda Gates Foundation aus dem Jahr 2022 für China zeigt: 22,2 Prozent verwenden eine Spirale als Verhütungsmittel, 30,5 Prozent greifen auf eine Sterilisation der Frau zurück - nur 4,7 Prozent auf eine Sterilisation des Mannes als Verhütungsmethode. 11,6 Prozent der chinesischen Bevölkerung nutzten hingegen andere Verhütungsmethoden wie die Pille. Dabei setzten nur 9 Prozent der Paare auf Kondome, so die Ereignisse der Erhebung.

Dabei steigt der Kondomverbrauch jährlich, wie eine internationale Marktforschungsplattform im Jahr 2020 analysierte. Mit den steigenden Kosten für Verhütung könnte dies zu einer Stagnation führen und Sexualkrankheiten und ungewollten Schwangerschaften den Weg ebenen.
"Höhere Preise könnten den Zugang zu Verhütungsmitteln für wirtschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen einschränken und potenziell zu einem Anstieg ungewollter Schwangerschaften und sexuell übertragbarer Infektionen führen", mutmaßt Cai.


Dabei führt China das internationale Ranking der Abtreibungen bereits an: Zwischen 2014 und 2021 jährlich 9 bis 10 Millionen Abtreibungen durchgeführt. Die tatsächliche Zahl liegt jedoch laut Experten:innen deutlich höher. Zudem sind sexuell übertragbare Krankheiten in China auf dem Vormarsch: alleine 100.000 Gonorrhö- und 670.000 Syphilis-Patient:innen soll es im letzten Jahr in China gegeben haben, wie die nationale Seuchenschutzbehörde, National Disease Control and Prevention Administration, angibt. Ebenso ist die Zahl der AIDS-Infektion weiter gestiegen und lag 2024 bei 1,4 Millionen Chinesen, die mit dem Virus leben.

Verhütungsmethoden, die vor solchen Infektionen schützten, zu verteuern, sei nicht der richtige Schritt, so die Direktorin der Demografie-Forschungsgruppe in Virginia gegenüber AP. Langfristig könnte es die Infektionslage und Schwangerschaftsabbrüche nur befeuern: "Dies wiederum könnte mehr Abtreibungen und höhere Gesundheitskosten zur Folge haben", so Cai.


Verwendete Quellen:

Nachrichtenagentur AP: "China’s new 'condom tax' draws skepticism and worries over health risks"

n-tv: "Für mehr Kinder: China erhebt erstmals Steuer auf Verhütungsmittel – Experten warnen vor Risiken"

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