Deutscher Turntag

Nach Missbrauchsskandal: Turnverband zieht Konsequenzen

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von dpa

Neuer Vizeband des Deutschen Turner-Bundes Alfons Hölzl lehnt Russen und Belarussen als neutrale Mannschaften ab.

Bild: Hendrik Schmidt/dpa


Der Missbrauchsskandal im Frühling 2025 hat den Deutschen Turner-Bund erschüttert. Jürgen Garziella ist neuer Vizepräsident des Verbands – beim diesjährigen Turntag äußert der Ex-Spitzensportler sich in der Sache deutlich.

Der ehemalige Bundesliga- und Nationalturner Jürgen Garziella tritt die Nachfolge von Ulla Koch als Vizepräsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB) an. Die frühere Bundestrainerin war im Zuge des Missbrauchsskandals von Stuttgart und Mannheim im April 2025 aus dem Führungsgremium zurückgetreten. Der 63-jährige Garziella, der während seiner aktiven Laufbahn deutscher Meister am Reck war, wurde von den 228 Delegierten beim Deutschen Turntag in Frankfurt/Main gewählt.

Interne Aufarbeitung steht still

DTB-Präsident Alfons Hölzl hatte während der Tagung noch einmal betont, dass der unabhängige Expertenrat, der die Vorwürfe ehemaliger Turnerinnen aus dem Stützpunkt in Stuttgart aufarbeiten soll, erst berufen werden und seine Arbeit aufnehmen könne, wenn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen sind. Man bereite jedoch schon alles vor, um dann "umgehend einzusteigen". Ziel des geplanten Prozesses soll es laut Hölzl sein, "den Umgang mit den Athletinnen und Einzelsachverhalte aufzuarbeiten und konkrete Empfehlungen zu benennen, um die Rahmenbedingungen für die Turnerinnen vor Ort zu verbessern".

In die Satzung des DTB wurden für den Bereich Safe Sport zwei voneinander unabhängige Gremien als feste Bestandteile aufgenommen: ein Untersuchungsteam, das Vorwürfen nachgehen soll, und eine für mögliche Sanktionen zuständige Kommission. Beide Gruppen wurden bereits vom Präsidium mit jeweils drei Mitgliedern berufen.

Verband gegen russische Athlet:innen

Wenige Tage vor dem Kongress der Europäischen Turnunion (UEG) am 28./29. November in Prag sprach Hölzl sich noch einmal gegen den Start russischer und belarussischer Athlet:innen bei internationalen Wettkämpfen aus. Zwar sollten neutrale Sportler als Einzelstarter wieder zugelassen werden, doch Mannschaften mit Aktiven aus diesen beiden Ländern schließen sich nach Meinung Hölzls weiterhin aus. "Das gilt auch für Synchronpaare", betonte der 57-Jährige mit Blick auf die Trampolin-Weltmeisterschaften Anfang des Monats im spanischen Pamplona, wo der Weltturnverband FIG auch Teams und Duos mit diesem Status die Teilnahme erlaubt hatte.


Strittige Reglung um "neutral"-Siegel

Zudem stellte Hölzl die Kriterien infrage, nach denen das Siegel "neutral" vergeben wird. Als Anlass diente dem Juristen der Start der Russin Angelina Melnikowa in der Deutschen Turnliga. Die Mehrkampf-Weltmeisterin hatte sich 2022 in sozialen Medien mit dem Z-Symbol abbilden lassen, das als Propagandazeichen für den Angriffskrieg auf die Ukraine gilt, und hatte in diesem Jahr bei kommunalen Vorwahlen für die Pro-Putin-Partei "Einiges Russland" kandidiert, bevor sie sich wegen ihrer sportlichen Ambitionen von diesem politischen Engagement wieder zurückzog. Hölzl geht davon aus, dass die UEG, die russische und weißrussische Sportler:innen bislang von ihren Wettkämpfen noch komplett ausschließt, diese Regel lockern wird.

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