Eskalierende Bandengewalt
Nach Mord: Proteste gegen Drogenkriminalität in Frankreich
Veröffentlicht:
von dpa«Er war nur schuldig, mein Bruder zu sein.»
Bild: Clement Mahoudeau/AFP/dpa
Nach dem Mord an Mehdi Kessaci sind in Frankreich tausende Menschen gegen Drogenkriminalität auf die Straße gegangen. Der Bruder des Ermordeten engagiert sich gegen Drogenbanden – und steht deshalb unter Polizeischutz.
Tausende Menschen sind in Frankreich dem Aufruf des Aktivisten Amine Kessaci gefolgt, um gegen die eskalierende Drogenkriminalität im Land ein Zeichen zu setzen. Allein in Marseille nahmen nach Angaben der Präfektur mehr als 6.000 Menschen teil, wie der Fernsehsender BFMTV berichtete. Darunter waren auch zahlreiche Politiker:innen aus verschiedenen Lagern.
Bruder von Aktivist erschossen
Auslöser waren die tödlichen Schüsse auf den 20-jährigen Mehdi Kessaci, dem jüngeren Bruder von Amine, am 13. November 2025. Er wurde in der südfranzösischen Hafenstadt von einem Motorrad aus erschossen.
Amine nahm gemeinsam mit seiner Mutter an der Gedenkveranstaltung am Ort der Tat teil. Am Nachmittag wurde dort eine zuvor von ihm aufgenommene Audio-Botschaft abgespielt, in der er betonte, dass sein Bruder "unschuldig" war: "Er war nur schuldig, mein Bruder zu sein", berichtete BFMTV. Mehdi befand sich in einer berufspraktischen Ausbildung und wollte in den Polizeidienst eintreten.
Er war nur schuldig, mein Bruder zu sein
Bruder führt Verein gegen Drogenkriminalität
Amine ist Gründer des Vereins "Conscience" (Bewusstsein), der Familien unterstützt, die von Drogenkriminalität betroffen sind. Eine Tätigkeit, die als möglicher Hintergrund für den Mord gilt.
Der 22-Jährige hat den Verein nach dem Tod seines Halbbruders Brahim gegründet, der 2020 bei einer Abrechnung im Zusammenhang mit Drogenhandel tot in einem ausgebrannten Auto aufgefunden wurde. Amine steht unter Polizeischutz. Erst im Oktober hat er das Buch "Marseille, essuie tes larmes" (Marseille, trockne deine Tränen) veröffentlicht.
Innenminister Nuñez: "Einschüchterung"
Frankreichs Innenminister Laurent Nuñez bezeichnete die Tat deshalb als "Einschüchterung", weit entfernt von einer "klassischen Abrechnung", wie sie in der Drogenhochburg Marseille jedes Jahr Dutzende Male vorkommt.
"Heute ist jeder bedroht, alle, die sich zu Wort melden könnten, sind bedroht", sagte Amine im Fernsehsender BFMTV.
Auftragsmorde aus Gefängnis raus
Nach Informationen der Zeitung Le Parisien könnte als Auftraggeber hinter dem Mord der Chef der mächtigen Drogenbande DZ Mafia stehen.
Justizminister Gérald Darmanin will mit einem "Null-Handy hinter Gittern"-Plan verhindern, dass Auftragsmorde per Mobiltelefon aus der Haft heraus gesteuert werden. "Die Auftraggeber sitzen in unseren Gefängnissen", erklärte er laut "Le Monde". Im Jahr 2024 wurden in Frankreich bereits 80.000 Handys in Gefängnissen beschlagnahmt.
Mehr entdecken

US-Militär
Trump rudert nach Todesstrafen-Drohung gegen Demokraten zurück

Deutscher Turntag
Nach Missbrauchsskandal: Turnverband zieht Konsequenzen

Er ist 100 Jahre alt
Kriegsverbrechen? Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager eingeleitet

"Zeichen des guten Willens"
Lukaschenko begnadigt 31 inhaftierte Ukrainer

In USA
Vogelgrippe: Erster bekannter H5N5-Infizierter gestorben – Behörden prüfen Ansteckungswege

Nur freiwillige Initiative
Klimagipfel schon wieder ohne Exitplan für Kohle, Öl und Gas

