Ex-Landwirtschaftsministerin

"Trojanisches Pferd": Renate Künast bei "Hart aber fair" zu Bürokratieabbau

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von Doris Neubauer

Im ARD-Polittalk "Hart aber fair" hat Renate Künast unmissverständliche Kritik an der Union geübt.

Bild: WDR / Dirk Borm


Nicht nur ganz Deutschand befindet sich in der Vorweihnachtszeit im "Schnäppchen-Fieber", auch Louis Klamroth widmete sich dem Thema. Einmal mehr kristallisierte sich dabei ein Übermaß an Bürokratie als Problem heraus. Renate Künast echauffierte sich vor allem über die Union.

Der Countdown läuft, ich muss zuschlagen: Nicht nur "Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth tappt auf Online-Portalen in diese Falle. Auch bei Verbraucherzentralen häufen sich die Beschwerden von Konsument:innen. Sie fühlen sich von "dark patterns, also manipulativen Designs" unter Druck gesetzt, bei "Black Friday" und anderen Schnäppchendeals zuzuschlagen, berichtete Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern in der "hart aber fair"-Ausgabe zum Thema "Rabattschlacht und Bestellwahn: Was ist der wahre Preis der Schnäppchen?"

Manipulation im Online-Geschäft

Psychologische Tricks würden bewusst genutzt, um zum Kauf zu animieren, warf sie Online-Händler:innen und Plattformen vor. "Darf man das, oder sollten wir nicht gegensteuern?", stellte sie die Gretchenfrage. Die Konsumenten selbst hätten nämlich keine Möglichkeit herauszufinden, ob es sich um echte Preisrabatte handle oder die Ware die versprochenen Qualitätsansprüche einhalte.

"Machen wir auch", wies CDU-Bundestagsabgeordneter Christoph Ploß auf entsprechende Initiativen hin. Die EU habe gerade die Zollfreigrenze für Waren unter 150 Euro abgeschafft. "Das ist eine wichtige Maßnahme, damit nicht chinesische Schrottartikel nach Europa und nach Deutschland kommen." Stichprobenkontrollen müssten erhöht und Unternehmen zur Haftung herangezogen werden, wenn etwa Giftstoffe in den Waren gefunden werden.

Beschluss mit Stimmen von Rechtsaußen

"Da geht noch mehr", ließ Renate Künast, die frühere Bundesministerin für Verbraucherschutz vom B'90/Grüne das so nicht gelten und bezog sich auf die jüngst beschlossene Aufweichung des Lieferkettengesetzes. "Ich will nicht behaupten, dass die europäischen oder deutschen Regeln der Weisheit letzter Schluss waren", erklärte sie, "aber dann killt man den Teil nicht - und nicht mit Rechtsextremen im Europa-Parlament". Zu diesem Beschluss hätten nämlich Stimmen von Rechtsaußen geholfen - ein Schritt, den Künast verurteilte.

Das wollte Ploß nicht auf sich sitzen lassen und spielte den Ball zurück: Gerade der deutsche Mittelstand sei durch den bisherigen Entwurf belastet gewesen. Durch die immensen bürokratischen Auflagen könnten europäische und deutsche Firmen im internationalen Wettbewerb nicht mithalten. "Das kostet Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum", kritisierte er.

Künast: "Trojanisches Pferd"

Es sei ein "trojanisches Pferd", konterte Künast: Die Union wolle weniger Bürokratie, mache man aber den Bauch des Pferdes auf, finde man nur die Reduktion von Menschenrechten - zog sie einen bildhaften Vergleich und forderte: "Erzählen Sie, wie es besser geht!"

Den konkreten Vorschlag lieferte allerdings ein anderer: "Nicht neue Regeln machen, sondern die bestehenden Regeln konsequent umsetzen", diagnostizierte Gero Furchheim vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland ein "Umsetzungsdefizit" und verlangte stärkere Kontrollen. Der Verband sei bereit, die Kosten dafür zu tragen.


Spende von retournierten Artikeln

Auch bei einem anderen Problemfeld hatte Furchheim einen pragmatischen Ansatz: Er würde gerne retournierte Artikel an wohltätige Organisationen spenden, dann falle allerdings eine Mehrwertsteuer an. Deshalb sei Entsorgen oft einfacher für Unternehmen. "Das muss von der Politik verändert werden", forderte er.

"Sie laufen offene Türen ein", versprach Ploß, in Berlin Druck zu machen. Gleichzeitig bat er um Geduld: "Die Legislaturperiode hat gerade erst begonnen." Von Künasts Einwurf "fühlt sich anders an" ließ er sich nicht beirren, sondern fuhr fort: Man könne zwar politisch vieles regeln, letztendlich sei aber jede:r einzelne Konsument:in für seine Kaufentscheidungen verantwortlich. "Sonst haben wir die Bürokratie, die wir in vielen Talkshows zu Recht beklagen", meinte er.

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