Ukraine-Krieg
"Putin wird viel früher all in gehen": Ex-Botschafter Melnyk rechnet mit russischem Angriff vor 2029
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von Max StrumbergerRusslands Präsident Putin zeigt sich trotz zahlreicher Schwierigkeiten im Ukraine-Krieg noch selbstbewusst.
Bild: AP
Andrij Melnyk, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Deutschland warnt eindringlich vor einer Eskalation der russischen Aggressionen. Moskau werde nicht warten, bis die Europäer hochgerüstet haben. "Putin wird viel früher all in gehen", ist Melynk überzeugt.
Das Wichtigste in Kürze
Die Warnungen des ukrainischen UN-Botschafters Andrij Melnyk könnten kaum dringlicher sein:
Europa müsse sich auf eine baldige Eskalation durch Russland vorbereiten.
Putin könnte noch vor 2029 zuschlagen, warnt Melnyk.
Andrij Melnyk, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Deutschland und derzeitiger Vertreter seines Landes bei den Vereinten Nationen in New York, hat im Interview mit der Zeit eindringliche vor Kremlchef Wladimir Putin gewarnt. Er erwartet eine Eskalation der russischen Aggressionen, die Europa und insbesondere Deutschland betreffen könnten. "Bis vor Kurzem waren viele der Auffassung, dass Putin Deutschland und die Europäer erst 2029 angreifen wird", erklärt Melnyk. Doch er stellt diese Annahme infrage: "Warum sollte er warten, bis die Europäer fünf Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung investiert haben und dann bereit wären, einen Angriff Russlands abzuwehren? Putin wird viel früher all in gehen."
Trotz seiner Warnungen will Melnyk keine Panik verbreiten. Vielmehr sieht er es als seine Aufgabe, die Dringlichkeit der Lage zu verdeutlichen. "Den Deutschen muss klar werden, wie akut die Gefahr ist", betont er. Die anhaltenden Raketen- und Drohnenangriffe Russlands auf die Ukraine seien ein deutliches Zeichen dafür, dass Moskau keine Hemmungen habe, seine militärischen Ambitionen weiter auszudehnen. Für Melnyk ist klar: Die Zeit des Zögerns ist vorbei. Europa müsse geschlossen und entschlossen handeln, um Putins Pläne zu durchkreuzen.
Melnyk: Ukraine braucht Taurus-Marschflugkörper
Ein zentrales Anliegen des ukrainischen UN-Botschafters ist die Lieferung der deutschen Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine. "Der Taurus muss geliefert werden", fordert Melnyk mit Nachdruck. Diese Waffe sei besonders geeignet, um gezielt unterirdische Produktionsstätten zu zerstören – ein entscheidender Vorteil im Kampf gegen die russische Kriegsmaschinerie. Seine Botschaft an Bundeskanzler Friedrich Merz ist unmissverständlich: "Man darf nicht mehr zögern."
Auch BND-Chef Jäger rechnet mit baldigem russischen Angriff
Mit seiner Einschätzung ist Melnyk nicht alleine. Auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes rechnet mit einem russischen Angriff auf die NATO vor 2029: "Wir dürfen uns nicht zurücklehnen in der Annahme, ein möglicher russischer Angriff käme frühestens 2029. Wir stehen schon heute im Feuer", warnte Martin Jäger, vor Abgeordneten im Bundestag. Die Grenzen zwischen Frieden und Krieg würden zunehmend verwischen, sagte Jäger.
"In Europa herrscht bestenfalls ein eisiger Friede, der punktuell jederzeit in heiße Konfrontation umschlagen kann. Wir müssen uns auf weitere Lageverschärfungen vorbereiten." Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte zuletzt mehrfach, dass Russland bis 2029 in der Lage sein könnte, einen militärischen Schlag gegen NATO-Gebiet zu führen.