"Arena: Ihre Fragen an Friedrich Merz"

Kanzler Merz gesteht Fehler bei "Stadtbild"-Aussage ein: "Würde ich heute anders machen"

Veröffentlicht:

von Doris Neubauer

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Merz selbstkritisch: "Wir brauchen Migration"

Videoclip • 56 Sek • Ab 12


Am Ende seines ersten Jahres als Bundeskanzler stellte sich CDU-Chef Friedrich Merz in der ARD den Fragen zu Wehrpflicht, Gesundheits- wie Rentensystem, Migration und anderen ungelösten Problemen. Während er mancherorts Selbstkritik übte, beharrte er auf der Brandmauer zur AfD: "Nicht mit mir!"

Das Wichtigste in Kürze

  • "Das würde ich heute anders machen" - Merz zeigt sich selbstkritisch in Bezug auf "Stadtbild"-Debatte

  • Außerdem schloss er das Durchbrechen der Brandmauer kategorisch aus: "Ich werde mit dieser Partei an keiner Stelle zusammenarbeiten"

Bei der Bundestagswahl 2025 war es das Schlüsselthema der CDU/CSU - und auch in der "Arena" der ARD polarisierte das Thema Migration. Oder vielmehr die "Stadtbild"-Debatte, mit der Bundeskanzler Friedrich Merz vor einigen Wochen die Diskussion weiter angezündet hatte: "Integration muss stattfinden, und sie findet nicht statt, wenn die Gesellschaft durch solche Aussagen gespalten wird", kritisierte eine Medizinstudentin den CDU-Politiker in der Live-Sendung. Sie war eine von 150 Bürgerinnen und Bürgern, die dem Bundeskanzler am Ende seines ersten Amtsjahres im nordrhein-westfälischen Niederkassel Fragen stellen durften.

"Ich möchte das Gegenteil von dem erreichen, was Sie empfinden", nahm Merz ihren Vorwurf mit fast schon demütiger Haltung hin. "Ich hätte vielleicht früher sagen sollen, was ich konkret damit meine. (...) Das würde ich heute anders machen", zeigte er sich selbstkritisch. Es sei ihm keinesfalls um Äußerlichkeiten gegangen, sondern um "Bahnhöfe" und "verwahrloste Innenstädte". Diese klare Differenzierung hätte er bei seiner "Stadtbild"-Aussage machen sollen, gab er zu. Alle Schuld auf sich nehmen wollte er aber nicht: "Ich glaube, jeder, der es ein bisschen gutwillig versucht hat, zu verstehen, hat es auch verstanden, was ich gemeint habe."


Merz zur AfD: "Ich werde mit dieser Partei an keiner Stelle zusammenarbeiten"

Deutschland müsse ein offenes Land bleiben "für diejenigen, die arbeiten wollen, die sich integrieren wollen", betonte er. "Wir brauchen Migration, wir brauchen Einwanderung, der ganze medizinische Sektor, der Pflegebereich, viele andere Bereiche", sagte der Politiker, "ohne diejenigen, die aus anderen Ländern kommen, geht es einfach nicht mehr." Allerdings müssten sich "diejenigen, die in unserem Land leben wollen, (...) an die Regeln halten. Und wenn sie es nicht tun, müssen sie gehen."

Klare Antworten hatte der Bundeskanzler auch auf Fragen der Bürgerinnen und Bürger zur Wehrpflicht, Gesundheitssystem, Zuverdienstgrenze, Rentenreform und Politik im Nahen Osten parat. "Es gibt keine Zeit zu verlieren", brachte es Moderatorin Jessy Wellmer auf den Punkt. Gemeinsam mit "Hart aber fair"-Showhost Louis Klamroth hatte sie sichtlich Mühe, in den 60 Minuten so viele Themen wie möglich stattfinden zu lassen und das Tempo hoch zu halten.

Den Druck kennt auch die Schwarz-Rote Koalition unter Merz. "Was machen Sie, wenn hinter der Brandmauer die größte Wählergruppe steht?", stellte ein Mann aus Schleswig-Holstein zum Schluss eine Frage, die vielen unter den Nägeln brennt. "Ich werde mit dieser Partei an keiner Stelle zusammenarbeiten", schloss Merz das Durchbrechen der Brandmauer kategorisch aus, "raus aus der EU, raus aus der NATO, Freunde von Russland, Nationalismus der schlechtesten Art - nicht mit mir!"

Die Partei sei "nur so groß geworden, weil wir nicht mehr so gut waren", zog Merz sowohl seine CDU wie auch die Sozialdemokraten zur Verantwortung. Umso mehr gelte es jetzt, gemeinsam mit der SPD aus der politischen Mitte heraus, der AfD die Grundlage zu entziehen, und dafür müsse die Regierung die vielfältigen Probleme lösen.

Louis Klamrot kommentiert spitz: "Also ein Maurer der Macht"

"Wir müssen das Haus der Bundesrepublik Deutschland renovieren", hatte Merz gleich zu Beginn der Sendung den Vergleich mit einem Maurer bemüht. Ein Herr im Publikum hatte im Rückgriff auf Merz' berühmte "Klempner der Macht"-Kritik an Olaf Scholz nach einem passenden Handwerker-Vergleich für ihn selbst gebeten.

"Das Fundament ist da, aber wir müssen wesentliche Teile des Hauses neu bauen", griff Merz etwas widerwillig das Sprachbild auf. Das gehe nur Stück für Stück. "Wir haben angefangen. Aber ich gebe zu, ich bin nicht zufrieden mit dem, was wir erreicht haben", zog er Bilanz - "also ein Maurer der Macht", konnte sich Louis Klamroth einen spitzen Kommentar nicht verkneifen.

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