Motivations- und Sprachprobleme

Kein Abschluss: Zahl der Schulabbrechern auf 10-Jahres-Rekordhoch

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von Kira Born

Stühle stehen in einem Klassenzimmer auf den Tischen, bei denen durch steigende Zahlen an Schulabbrecher immer mehr Stühle freibleiben.

Bild: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa


Ob fehlende Motivation oder Sprachprobleme: Die Zahl der Schulabbrecher ist so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Was steckt hinter dem besorgniserregenden Trend?

Die Zahl junger Menschen, die ohne Abschluss die Schule verlassen, ist nach Daten des Statistischen Bundesamts weiter angestiegen. Demnach waren im Schuljahr 2023/2024 rund 62.000 Schüler:innen betroffen, der höchste Stand der vergangenen zehn Jahre. Im Schuljahr davor waren es demnach knapp 56.000. Die Zahlen hatte das Bündnis Sahra Wagenknecht abgefragt, sie sind auch in den Datenbanken der Statistikbehörde zugänglich.


Schul-Abbrecherquote steigt von 5,5 auf 7,8 Prozent an

Nicht nur die absolute Zahl der Abbrecher:innen und Abgänger:innen ohne Abschluss ist demnach gestiegen, sondern auch ihr Anteil gemessen an der Gesamtzahl der Absolvent:innen. So verließen den Zahlen zufolge im Schuljahr 2013/2014 noch 5,5 Prozent der Schulabgänger:innen die Schule, ohne mindestens einen Hauptschulabschluss zu haben, zehn Jahre später waren es 7,8 Prozent.

Beim Blick über einen längeren Zeitraum wird deutlich, dass es sich um ein Dauerproblem handelt: So lag der Anteil der Jugendlichen ohne Abschluss im Jahr 2006 schon bei 8 Prozent (mehr als 75.000 Betroffene), wie aus dem letzten Nationalen Bildungsbericht hervorgeht, der 2024 veröffentlicht wurde. Die Quote ging dann bis 2013 zurück und steigt seitdem - mit Unterbrechung der Corona-Jahre - wieder an.

Wagenknecht kritisiert: "Jedes Jahr ein Fußballstadion mit Schülern ohne Abschluss"

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sagte der Deutschen Presse-Agentur, "jedes Jahr ein großes Fußballstadion mit Schülern ohne Schulabschluss", das sei ein Armutszeugnis für das Bildungssystem und hausgemachter Fachkräftemangel, wenn solche Potenziale verschenkt würden.

"Die Bildungsministerin muss handeln und die Länderkollegen zu einem Bildungsgipfel im Kanzleramt einladen."

Lehrerverband sieht fehlende Motivation als Ursache für das Abbrechen der Schule

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, sieht mehrere Gründe für die Situation. Manche Schüler:innen kämen mit der deutschen Sprache nicht zurecht und seien deswegen vielleicht auch demotiviert, manche fühlten sich auch dem Land nicht zugehörig, manchen fehle eine Identifikation mit den gesellschaftlichen Werten.

"Und dann gibt es diejenigen, die nicht die nötige Motivation haben, weil unsere Gesellschaft ihnen ja auch andere Optionen bietet." Düll nannte soziale Unterstützung oder auch die Möglichkeit, als unqualifizierte Kraft Geld zu verdienen.

Bildungsforscher: Gesellschaft in der Pflicht, Schulabbrüchen entgegenzuwirken

Der Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Kai Maaz, sieht zwar auch die Betroffenen, aber vor allem Gesellschaft und Bildungssystem in der Pflicht. Ausgetragen werden dürfe das nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen, sagte er der Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Lernen baue auf Gelerntem auf und junge Menschen brächten oftmals nicht hinreichend Basiskompetenzen mit, die sich dann später auch nicht mehr kurzfristig erwerben ließen. "Wir müssen einfach besser werden, Kinder schon früh, noch vor der Schule zu fördern."

Es gebe zudem nicht wenige junge Menschen, etwa aus geflüchteten Familien, die in einem späteren Alter ins Schulsystem gekommen seien und nicht die Möglichkeit gehabt hätten, von diesem System zu profitieren. Für diese brauche es spezifische Angebote.

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