Drogen-Kampf?

USA vs. Venezuela: Was hinter Trumps Säbelrasseln wirklich steckt

Veröffentlicht:

von dpa

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Trump glaubt nicht an Krieg mit Venezuela

Videoclip • 01:16 Min • Ab 12


Seit Wochen attackieren die USA Drogen-Boote in der Karibik. Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge und Hubschrauber in der Region heizen Spekulationen an, worum es Washington in Venezuela wirklich geht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA verstärken ihren militärischen Einsatz vor Venezuela – inklusive des größten Kriegsschiffs der Welt – angeblich zur Bekämpfung des Drogenhandels.

  • Fachleute sehen hinter den Aktionen aber vor allem den Versuch, Präsident Maduro zu schwächen oder zu stürzen.

  • Hinzu kommt das Interesse an Venezuelas riesigen Ölreserven, während das Risiko einer Eskalation weiter wächst.

Immer wieder greifen die USA in der Karibik und im Pazifik Boote an. Nun ist auch das größte Kriegsschiff der Welt auf dem Weg in die Gewässer vor Venezuela. Es gibt Sorgen vor einer militärischen Eskalation - und die Frage, worum es US-Präsident Donald Trump eigentlich geht.

Warum hat Trump Venezuela ins Visier genommen?

Offiziell gibt die US-Regierung als Grund den Kampf gegen Drogenkartelle an. Die angegriffenen Boote in der Karibik hätten Drogen transportiert, heißt es aus den USA. Dutzende Menschen sollen bei den Angriffen schon getötet worden sein. In vielen Fällen stellt die US-Regierung einen Zusammenhang zu Venezuela und zu Präsident Nicolás Maduro her.

UN-Menschenrechtsexpert:innen sehen in dem Vorgehen der USA eine Verletzung des humanitären Völkerrechts.

Ist Venezuela eine Drogenhochburg?

Venezuela gilt nicht als Produktionsland von Drogen, sondern als Transitland - vor allem für den europäischen Markt. In die USA gelangen die Drogen meist auf anderen Wegen: Das synthetische Opioid Fentanyl, das zu massiven Problemen geführt hat, wird mit Rohstoffen aus China vor allem in Mexiko hergestellt und von dort in die Vereinigten Staaten geschmuggelt.

Kokain wird von Häfen in Kolumbien, Ecuador und Peru über den Pazifik nach Mittelamerika und Mexiko und auf dem Landweg in die USA transportiert. Ein kleinerer Teil wird über die Karibik und den Pazifik direkt in die Vereinigten Staaten verschifft oder in Flugzeugen geschmuggelt.

Auch mit Blick auf das organisierte Verbrechen in Venezuela wird die Lage nach Einschätzung von Expert:innen von den US-Behörden nicht korrekt dargestellt. So handelt es sich bei der von Trump immer wieder erwähnten Bande Tren de Aragua laut der auf Recherchen zum organisierten Verbrechen spezialisierten Nachrichtenseite "Insight Crime" nicht um einen international agierenden Drogenhändlerring. Demnach handelt es sich eher um ein loses Netzwerk verschiedener Gangs, die in Schutzgelderpressung, Entführungen und den Straßenverkauf von Drogen verwickelt sind.

Hat die Trump-Regierung es auf Maduro abgesehen?

Der venezolanische Präsident steht auf der "Wanted"-Liste der USA. Die Trump-Regierung verdoppelte die Belohnung für Informationen, die zu seiner Festnahme führen, auf bis zu 50 Millionen Dollar (rund 43 Millionen Euro). Vorgeworfen wird ihm, tödliche Drogen und damit auch Gewalt in die USA zu bringen.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, fasste es so: "Das Maduro-Regime ist nicht die legitime Regierung von Venezuela. Es ist ein terroristisches Drogenkartell." Maduro sei nicht der legitime Präsident, sondern der flüchtige Boss dieses Kartells.

Nicht nur die USA sprechen Maduro die Legitimität ab. Auch die EU und viele lateinamerikanische Staaten zweifeln das offizielle Ergebnis der von Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentenwahl 2024 an und betrachten stattdessen den inzwischen im spanischen Exil lebenden Oppositionskandidaten Edmundo González als Sieger. Trotz landesweiter Proteste und internationaler Kritik hatte sich Maduro Anfang des Jahres jedoch für eine dritte Amtszeit bis 2031 vereidigen lassen.


Will Trump Maduro stürzen?

Mittlerweile mehren sich die Hinweise darauf, dass Trump einen Machtwechsel erzwingen will. Kürzlich machte Trump öffentlich, dass er verdeckte Operationen des Auslandsgeheimdienstes CIA in Venezuela genehmigt hat. Solche Maßnahmen zielen darauf ab, politische, wirtschaftliche oder militärische Verhältnisse in einem Land zu beeinflussen. Die Rolle der Vereinigten Staaten soll dabei - wie der Name sagt - im Verborgenen bleiben.

Ein US-Präsident darf verdeckte Operationen nur dann genehmigen, wenn sie für die nationale Sicherheit der USA von Bedeutung sind und wenn die Maßnahmen zur Unterstützung von außenpolitischen Zielen als erforderlich angesehen werden.

James Story, der in Trumps erster Amtszeit US-Botschafter in Venezuela war, sagt, die eingesetzten militärischen Ressourcen seien "viel zu zerstörerisch", um sie nur zur Drogenbekämpfung einzusetzen. Die einzige Annahme, die man daher treffen könne, sei, dass "eine Art von Aktion gegen das Maduro-Regime möglich ist", sagte er dem Sender NPR. Dabei könnte die Regierung beabsichtigen, dass der Druck auf das Land dazu führt, dass sich Personen aus Maduros Umfeld von ihm abwenden oder ihn gar an die USA ausliefern.

Trump jedenfalls glaubt, dass die Tage von Präsident Maduro gezählt sind, wie er gerade in einem Interview CBS News sagte.

Geht es den USA auch um Venezuelas Öl?

Die Vermutung liegt nahe, verfügt das südamerikanische Land mit schätzungsweise 303 Milliarden Barrel (je 159 Liter) über die größten Ölreserven der Welt. Trump sagte Journalist:innen kürzlich, Maduro habe "alles" - auch die natürlichen Ressourcen - angeboten, weil er sich nicht mit den USA anlegen wolle.

Auch die "New York Times" berichtete, dass die venezolanische Regierung Washington in monatelangen Gesprächen ein weitreichendes Angebot machte, um den Konflikt zu entschärfen: nämlich, dass alle bestehenden und zukünftigen Projekte zur Förderung von Öl und Gold für amerikanische Unternehmen geöffnet und diese auch vorteilhaft behandelt werden.

Angeboten worden sei auch, die Zusammenarbeit mit chinesischen, iranischen und russischen Firmen im Energie- und Bergbausektor zurückzufahren. Doch die Trump-Regierung habe die wirtschaftlichen Zugeständnisse abgelehnt, berichtete die "New York Times".

Wie könnte es jetzt weitergehen?

Trump sagte kürzlich, die Drogenrouten übers Meer seien gekappt. Nun wolle man den Drogenhandel über Land bekämpfen. Konkreter wurde er nicht. In den vergangenen Wochen entsandte das US-Militär Medienberichten zufolge Kampfflugzeuge, Marineschiffe und Hubschrauber in die Karibik sowie Tausende Soldaten.

Auch die Verlegung des Flugzeugträgers "USS Gerald R. Ford" heizte Spekulationen an, dass die USA Ziele innerhalb Venezuelas angreifen könnten. Dafür sei das Kriegsschiff ein effizientes Mittel, weil militärische Infrastruktur in der Region fehle, sagte der Militärexperte der konservativen Denkfabrik Hudson Institute, Bryan Clark, dem US-Magazin "The Atlantic".

In einer Frage wiegelte Trump jedoch ab. Werden die USA Krieg gegen Venezuela führen? "Das bezweifle ich. Ich glaube nicht", antwortete er im Interview des TV-Senders CBS. Ob er damit Sorgen vor einer militärischen Eskalation ausräumen kann, ist fraglich. Trump schob hinterher: "Aber sie haben uns sehr schlecht behandelt, nicht nur in Hinblick auf Drogen."

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