Schwerwiegende Vorwürfe

"Sarajevo Safaris": Ließ Serbiens Präsident im Jugoslawien-Krieg gegen Geld auf Zivilisten schießen?

Veröffentlicht:

von Michael Reimers

Ermittlungen in Italien erheben schwere Vorwürde gegen das serbische Staatsoberhaupt Aleksandar Vučić.

Bild: REUTERS


Hat Aleksandar Vučić während der Belagerung Sarajevos gegen Geld auf Zivilisten schießen lassen? Ein Reporter erhebt schwere Vorwürfe – doch der Präsident spricht von "bösartiger Desinformation".

Das Wichtigste in Kürze

  • Investigativjournalist Domagoj Margetic beschuldigt Serbiens Präsidenten Aleksandar Vučić, Anfang der 1990er Jahre an sogenannten "Sarajevo Safaris" beteiligt gewesen zu sein.

  • Dabei sollen ausländische Besucher angeblich gegen Bezahlung auf Zivilisten geschossen haben.

  • Vučić dementiert die Anschuldigungen.

Neue Vorwürfe zum Bosnien-Krieg werfen einen Schatten auf Serbiens amtierenden Präsidenten Aleksandar Vučić. Laut einer am Mittwoch (19. November) eingereichten Beschwerde soll er Anfang der 1990er Jahre in Sarajevo an sogenannten "Scharfschützen-Safaris" beteiligt gewesen sein – grausamen Aktionen, bei denen ausländische Besucher:innen angeblich gegen Bezahlung auf Zivilisten schossen, wie die Nachrichtenagentur ANSA berichtet.

Während italienische Staatsanwälte bereits ermitteln, nimmt der öffentliche Druck zu. Vučić weist die Vorwürfe klar zurück.

Ermittlungen in Italien – Journalist erhebt schwere Vorwürfe gegen Serbiens Präsidenten

Investigativreporter Domagoj Margetic hat bei der Staatsanwaltschaft in Mailand eine formelle Beschwerde gegen den serbischen Präsidenten eingereicht. Der Vorwurf: Vučić soll Anfang der 1990er als junger Freiwilliger an einem Militärposten in Sarajevo gewesen sein. Von diesem aus soll er mit ausländischen Bürger:innen und serbischen ultranationalistischen Einheiten auf Zivilisten geschossen haben, wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA berichtet.

Margetic veröffentlichte zudem Video- und Fotomaterial, das Vučić am Tatort zeigen soll. Er behauptet: "Ich glaube, er war an der Sarajevo-Safari beteiligt", wie er gegenüber der Zeitung "The Times" sagte.  Nach seinen Angaben sollen Schützen aus Italien und anderen Ländern während der Belagerung tausende Euro gezahlt haben, um auf Zivilisten anzulegen – darunter auch Frauen und Kinder. Gruppen hätten Summen bis zu 88.000 britische Pfund (rund 99.760 Euro) für die mutmaßlichen "Safaris" gezahlt, wie die Zeitung weiter berichtet.

Bereits zuvor hatte der italienische Autor Ezio Gavazzeni Hinweise geliefert. Seine Nachforschungen wurden durch Aussagen eines ehemaligen bosnischen Geheimdienstoffiziers ausgelöst. Die Mailänder Staatsanwaltschaft bestätigte laut ANSA, dass eine Untersuchung läuft und immer mehr Beweise eingehen würden.


Vučić weist alle Anschuldigungen zurück – Regierung spricht von Kampagne

Serbiens Präsident weist die Vorwürfe kategorisch zurück. Vučić Sprecherin Suzana Vasiljevic sagte zu den Anschuldigungen, sie seien "ein klassischer Fall von böswilliger Desinformation, die gezielt darauf abzielt, die institutionelle Glaubwürdigkeit der Republik Serbien und ihres Präsidenten zu untergraben", wie sie von "The Times" zitiert wird.

Die Regierung betont, Vučić habe zu jener Zeit als Journalist und Übersetzer in Pale gearbeitet, "ohne jeglichen Kontakt zu militärischen Strukturen oder operativen Aktivitäten". Zudem habe er "nicht an Kampfhandlungen teilgenommen, keine Waffen eingesetzt und hatte keine Rolle in Kriegsoperationen".


Verwendete Quellen:

ANSA: "Complaint filed against Vucic over Sarajevo safari affair"

"The Times": "Serbian president linked to 'human safari' in Sarajevo"

"t-online": "Schoss der serbische Präsident auf Zivilisten?"

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