Senator wird Staatschef
Linke Ära in Bolivien vorbei: Paz gewinnt Präsidentschaftswahl
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von dpaRodrigo Paz Pereira hielt nach seinem Wahltriumph eine Rede vor Anhängern.
Bild: Natacha Pisarenko/AP/dpa
Rodrigo Paz Pereira hat die Präsidentschaftswahl in Bolivien für sich entschieden. Damit triumphiert ein moderater Reformer und leitet eine politische Wende für das krisengeschüttelte Land ein.
Mit dem Sieg des Senators Rodrigo Paz Pereira bei der Stichwahl ums Präsidentenamt in Bolivien steht das südamerikanische Land vor einem politischen Umbruch. Nach Auszählung fast aller Stimmen kommt der Kandidat der christdemokratischen Partei "Partido Demócrata Cristiano", die der politischen Mitte zugerechnet wird, auf rund 55 Prozent – laut Wahlbehörde ein "unwiderruflicher Vorsprung". Damit endet eine fast zwei Jahrzehnte währende Ära linker Regierungen in Bolivien, das lange vom Machtkampf zwischen Ex-Präsident Evo Morales und dem scheidenden Staatschef Luis Arce von der linken Partei "Movimiento al Socialismo" (MAS) geprägt war.
Im Volksmund und in den Medien wird der 58 Jahre alte Wahlsieger meist nur Paz genannt. "Heute kann Bolivien sicher sein, dass dies eine Regierung sein wird, die Lösungen bringen wird", sagte er bei seiner Siegesrede vor Anhängern in der Großstadt La Paz. "Bolivien wird Schritt für Schritt seine internationale Rolle zurückgewinnen."
Sein Gegner in der Stichwahl, Ex-Präsident Jorge Quiroga von der rechtsgerichteten Partei "Libertad y Democracia", gratulierte dem Ökonomen bereits - auch wenn er betonte, das offizielle Endergebnis noch abwarten zu wollen. Der frühere Staatschef Morales wiederum, eine Ikone der lateinamerikanischen Linken, durfte gemäß den Regeln der Verfassung nicht nochmal zur Wahl antreten. Und Arce hatte sich wegen sinkender Beliebtheitswerte aus dem Rennen um das Präsidentenamt zurückgezogen.
Wirtschaftskrise, hohe Armut und politischer Machtkampf
Im November wird das neue Staatsoberhaupt sein Amt für fünf Jahre antreten. Der in Spanien geborene Sohn von Ex-Präsident Jaime Paz Zamora (1989 bis 1993) steht wie ganz Bolivien vor großen Herausforderungen.
Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die immer wieder Proteste auslöst. Der Alltag wird geprägt von Benzin- und Devisenmangel, hoher Inflation und akutem Medikamentenmangel. Kostspielige Subventionen, vor allem für Treibstoffe, belasten den Staatshaushalt stark, und vor vielen Tankstellen bilden sich Schlangen, in denen Menschen teils tagelang ausharren. Auch Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein großes Problem.
Der Binnenstaat, der ungefähr dreimal so groß wie Deutschland ist, aber nur etwa zwölf Millionen Einwohner hat, zählt zu den ärmsten Ländern Südamerikas. Vor allem in ländlichen und indigenen Regionen leidet die Bevölkerung besonders unter der Krise.
Der politische Richtungswechsel weckt auch international Interesse. Bolivien verfügt über die weltgrößten Reserven an Lithiumreserven - ein Schlüsselrohstoff für Batterien und Elektroautos. Unter der bisherigen linken Regierung kamen Investitionen aber nur langsam voran. Deutsche Unternehmen hoffen nun auf neue Chancen. "Man sitzt in den Startlöchern", sagte Bolivien-Expertin Christina Stolte von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung vor der Wahl.
Paz verfolgt moderaten Kurs
Rodrigo Paz hat seinen Wählern einen moderaten Regierungskurs versprochen. Er will institutionelle Reformen umsetzen, die Wirtschaft schrittweise öffnen und Subventionen gezielter dosieren. Außenpolitisch strebt er pragmatische Beziehungen zu allen Partnern an – darunter eine vorsichtige Wiederannäherung an die USA nach jahrelanger Eiszeit unter den linken Regierungen. Zugleich will er die Integration in regionale Bündnisse wie die Andengemeinschaft (CAN) und den Staatenverbund Mercosur vertiefen.
"Wir müssen Bolivien für die Welt öffnen", sagte Paz und beendete seine Rede mit den Worten: "Es lebe das Vaterland, verdammt noch mal!" - ein Satz, der an die typische Abschiedsformel des argentinischen Präsidenten Javier Milei ("Es lebe die Freiheit, verdammt noch mal!") erinnert.
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