Regierungserklärung

Als Merz sich an die AfD wendet, bricht der Applaus los - hitzige Debatte im Bundestag

Aktualisiert:

von Michael Reimers

Der Kanzler hat vor dem kommenden EU-Gipfel im Bundestag gesprochen.

Bild: Niklas Graeber/dpa


Mehr internationales Gewicht für Europa, klare Kante gegen Putin, weniger Regeln aus Brüssel: Mit diesen Forderungen geht der Kanzler nächste Woche in den EU-Gipfel. Und er gibt ein Bekenntnis ab.

Das Wichtigste in Kürze

  • Kanzler Merz will weniger EU-Regeln und hält an den Klimazielen fest.

  • Er drängt auf die Nutzung russischer Vermögen für die Ukraine.

  • Europa müsse international entschlossener auftreten.

Vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seine Forderung nach weniger Regeln aus Brüssel bekräftigt und sich zu den Klimaschutzzielen bis 2045 bekannt. In seiner Regierungserklärung zu dem Spitzentreffen betonte er im Bundestag, dass er sich dabei weiter für die Nutzung russischen Vermögens für die Aufrüstung der ukrainischen Armee einsetzen werde. "Wir wollen das nicht tun, um diesen Krieg zu verlängern, wir wollen das tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden", betonte er.

Gaza-Friedensplan als Ansporn für Europa

Die Staats- und Regierungschef:innen der EU kommen in der kommenden Woche am Donnerstag (23. Oktober) und Freitag (24. Oktober) zu ihrem Herbstgipfel zusammen. Regierungserklärungen im Bundestag vor solchen Gipfeln sind üblich. Merz äußerte sich zum Auftakt auch zu dem vor wenigen Tagen vereinbarten Gaza-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump und wertete ihn als Aufforderung an Europa, sich noch stärker international zu engagieren.

"Seit Montag dieser Woche gibt es wieder Hoffnung auf einen echten, dauerhaften Frieden in der Region", sagte der CDU-Chef mit Blick auf ein Gipfeltreffen in Ägypten, bei dem der Friedensplan besiegelt wurde. Merz hatte daran teilgenommen. Für ihn sei das Anlass, sich der eigenen Verantwortung zum Handeln noch entschiedener zu stellen. "Europa muss seine Möglichkeiten entschlossener und geschlossener nutzen und muss seine Macht zum Einsatz bringen, um die Welt zum Besseren zu gestalten."

Konkrete Entscheidungen zum russischen Vermögen erwartet

Ein zentrales Projekt des Kanzlers bei dem Gipfel wird das Werben für die Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens sein. Er hat schon beim Gipfel in Kopenhagen Anfang Oktober die Erwartung geäußert, dass es nun in Brüssel konkrete Entscheidungen dazu gibt. Merz will das Vermögen der russischen Zentralbank für Kredite in Höhe von 140 Milliarden Euro nutzen, um die Ukraine für den weiteren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer aufzurüsten. Dagegen gibt es aber massive Bedenken vor allem in Belgien, wo der größte Teil des Gelds lagert. Putin müsse erkennen, dass er nicht den längeren Atem in dem Konflikt hat, sagte Merz.


Aktionsplan gegen Bedrohung aus Russland geplant

Auf die Bedrohung aus Russland will die Bundesregierung mit einem neuen umfassenden Aktionsplan zur Abwehr hybrider Gefahren reagieren. Der Nationale Sicherheitsrat werde in wenigen Tagen in seiner konstituierenden Sitzung darüber beraten. Merz warf Russland vor, Deutschland und Europa destabilisieren zu wollen - mit Sabotage, mit Spionage und mit Mord, mit Cyberangriffen und gezielter Desinformation, "auch aus Ihren Reihen", wie Merz unter Applaus an die Adresse der AfD-Fraktion sagte.

Merz will Regulierung eindämmen

Merz will beim EU-Gipfel auch auf Fortschritte für eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der Europäischen Union dringen. "Europa wird nur produktiver werden, wenn es sich grundlegend ändert", sagte er. Das heiße Schluss mit Regelungswut, schnellere Verfahren, offene Märkte und mehr Innovation. Merz betonte zugleich, dies stehe nicht im Widerspruch zu dem klaren Bekenntnis, die Klimaschutzziele bis 2045 und die Zwischenziele bis 2040 zu erreichen.

Keine Ansage zum Verbrenner-Aus

Er wolle allen Zweifeln daran ausdrücklich entgegentreten, sagte der Kanzler. Dies sei organischer Teil der Umwelt- und Wirtschaftspolitik. "Allerdings nicht nur mit Regulierung und schon gar nicht mit Verboten, sondern mit offener Technologie, mit Innovation, mit Wettbewerbsfähigkeit auch gerade in Technologien, die Umweltschutz überhaupt erst möglich machen." Zur Diskussion über das geplante Aus für Verbrennermotoren ab 2035 äußerte der Kanzler sich nicht.

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