Feuerwerk
Streit um Silvester-Böller: Was für und was gegen ein Verbot spricht
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von dpa«Wir können nicht warten, bis eine Polizistin oder ein Feuerwehrmann in der Nacht sein Leben lässt.»
Bild: Julius-Christian Schreiner/TNN/dpa
Die Forderungen nach einem Verbot privaten Feuerwerks werden immer stärker, da es jede Silvesternacht zahlreiche Verletzte gibt. Gegner befürchten einen Verlust von Tradition.
Immer erbitterter diskutieren Initiativen, Verbände, die Politik und nicht zuletzt Privatleute über ein mögliches Verbot von privatem Feuerwerk. Es geht um liebgewordene Traditionen auf der einen Seite, aber auch um den Missbrauch von Böllern und Raketen in den Innenstädten, um illegale Pyrotechnik, verschreckte Tiere und Verschmutzung.
Geregelt ist der Verkauf und das Abbrennen des Feuerwerks an Silvester in einem Bundesgesetz. Nun versuchen einige Bundesländer, dies zu ändern, um selbst entscheiden zu können, ob sie Verbote erlassen.
Ein Bündnis #böllerciao, zu dem unter anderem die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Gewerkschaft der Polizei (GdP), das Deutsche Kinderhilfswerk und ein Tierschutzverein gehören, wollen Druck auf die Innenminister machen. Heute stellen sie in Berlin Forderungen vor. Diese Argumente werden von Gegnern und Befürwortern vorgebracht:
Verletzungen und überlastete Krankenhäuser
Böller und Raketen führen jedes Jahr zu zahlreichen Verletzungen. Sie reichen von leichten Verbrennungen bis hin zu schweren Augen- und Handverletzungen. Viele dieser Unfälle passieren durch unvorsichtiges Zünden von Böllern. Auch unbeteiligte Menschen sind unter den Opfern. Manchmal werden Kracher auch gezielt auf andere geworfen.
Manche Notaufnahmen von Krankenhäusern sind rund um den Jahreswechsel besonders mit Verletzten von Knallkörpern ausgelastet. Vor allem Hand- und Augenverletzungen sind häufig. Die Versorgung anderer Notfälle verzögert sich. Ohne privates Böllern wäre das Risiko solcher Verletzungen deutlich geringer.
Gezielte Angriffe
In problematischen Vierteln von Großstädten wie Berlin werden in der Silvesternacht immer wieder auch Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter von aggressiven Gruppen vor allem junger Männer mit Böllern beworfen. Die Täter sind in der Dunkelheit schwer zu fassen. Ein generelles Verbot würde die Arbeit der Polizei erleichtern. Ein Verbot sei nötig, "damit die Kollegen von Polizei und Feuerwehr gesund aus der Nacht kommen", betont die Berliner Gewerkschaft der Polizei: "Wir können nicht warten, bis eine Polizistin oder ein Feuerwehrmann in der Nacht sein Leben lässt."
Feinstaubbelastung und Brandgefahr
In der Silvesternacht steigt die Feinstaubkonzentration in vielen Städten durch Zehntausende Raketen und Böller auf das Vielfache des Normalwertes. Diese Belastung kann insbesondere für Menschen mit Atemwegs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen problematisch sein. "Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern führt dazu, dass wir immer wieder mit schlechter Luft ins neue Jahr starten", kritisiert die Deutsche Umwelthilfe. Zusätzlich bleiben Müll auf den Straßen und in Parks zurück.
Gerade in dicht bebauten Stadtgebieten lösen glimmende Raketen oder Funkenflug leicht Brände aus. Jedes Jahr entstehen Schäden an Fassaden, Balkonen, Autos oder Grünanlagen, die hohe Kosten verursachen. Oftmals sind es Unachtsamkeit oder Alkohol, die zu gefährlichen Situationen beitragen. "Jeder einzelne dieser Einsätze war vermeidbar und jeder einzelne war ein Einsatz zu viel", sagt Karsten Homrighausen, Chef der Berliner Feuerwehr.
Haus- und Wildtiere betroffen
Der extreme Lärm von Feuerwerken führt bei vielen Tieren zu Angst- und Panikreaktionen. Haustiere verkriechen sich, verweigern Nahrung oder geraten in Stress. Wildtiere sind oft noch stärker betroffen, da sie instinktiv fliehen und dabei Unfälle oder Verletzungen erleiden können.
Mehrheit der Bevölkerung ist gegen privates Feuerwerk
Die Mehrheit der Bevölkerung ist laut einer Umfrage von YouGov von Ende Oktober gegen private Böller und Raketen. 60 Prozent sagten, die würden das Feuerwerk überhaupt nicht oder eher nicht befürworten. 26 Prozent sehen es ganz oder eher positiv. Zudem sagten 63 Prozent der Befragten, sie würden persönlich bestimmt kein Feuerwerk zünden. 58 Prozent meinten, es sollte ein generelles Böllerverbot oder zumindest ein Verbot privater Böllerei geben.
Eingriff in persönliche Freiheit
Für viele Menschen gehört das Zünden von Feuerwerk zum persönlichen Ausleben - ein Verbot wird von Manchen als übermäßiger staatlicher Eingriff wahrgenommen, der die individuelle Freiheit beschneidet. Gerade beim Feiern wollen viele lieber selbstbestimmt sein.
Verlust von Tradition und emotionaler Bedeutung
Feuerwerk hat Tradition und ist im kollektiven Bewusstsein verankert. Für viele Menschen symbolisiert das Knallen den Übergang in ein neues Jahr und ist mit positiven Kindheitserinnerungen verknüpft, die gerne weitergeben werden. Traditionen sind ein Teil sozialer Identität.
Der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. erklärt: "Menschen wollen zum Jahreswechsel sichtbar und gemeinsam feiern – sicher, legal und rücksichtsvoll." Es gebe dabei einen Trend zu Qualitätsbewusstsein und auch leiseren Produkten. "Feuerwerk markiert das Besondere und stiftet Gemeinschaft." Erst so werde Silvester "zu mehr als einem bloßen Datum".
Verbot trifft auch die Falschen
Die Probleme mit privatem Feuerwerk treten meist in den Innenstädten auf. Am Stadtrand, in Kleinstädten und auf dem Land gibt es kaum Angriffe auf Polizei und Feuerwehr, weniger Brände und weniger Verletzte. Viele Familien zünden friedlich am Abend auf der Straße oder im Garten ein paar Raketen für die Kinder. Sie alle müssten verzichten, weil in Großstädten randaliert wird.
Belastung der Wirtschaft
Die Feuerwerksbranche generiert jährlich hohe Umsätze, insbesondere in der kurzen Zeit vor Silvester. Ein Verbot würde Hersteller, Händler und Zulieferer treffen.
Schwierige Durchsetzung
Ein vollständiges Verbot privater Feuerwerke ist kaum flächendeckend zu kontrollieren. In vielen Städten fehlt es an Personal, um Regeln konsequent durchzusetzen. Verbote, die nicht umgesetzt werden, können das Vertrauen in staatliche Institutionen schwächen. Herbert Reul (CDU), Innenminister in Nordrhein-Westfalen, sagte dem Sender WDR: "Dann müssen sie an jeder Ecke einen Polizisten stehen haben, der dafür sorgt, dass keiner einen Böller wirft. Das schaffen wir ja nicht mal im Fußballstadion."
Mögliche Verlagerung auf illegale Böller
Ein striktes Verbot könnte dazu führen, dass Menschen verstärkt auf illegale Produkte aus dem Internet zurückgreifen, die oft wesentlich gefährlicher sind. Zudem könnte es zu einem Anstieg selbstgebauter Böller kommen, deren Risiken kaum kontrollierbar sind.
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