Mogelpackungen und "Qualitätsdumping"
Verbraucherschützer warnen: Schokoladenhersteller tricksen bei Zutatenliste
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von Oliwia KowalakSchokoladenhersteller versuchen Kosten zu senken – und büßen dabei zum Nachteil von Verbraucher:innen Qualität ein.
Bild: IMAGO/imagebroker
Die Kakaopreise fallen wieder, doch Schokolade ist weiterhin teuer. Verbraucherzentralen weisen darauf hin, dass einige Hersteller bei der Verarbeitung von Kakaoprodukten auch Inhaltsstoffe ändern. Für Verbraucher:innen ist dies nicht immer sichtbar.
Das Wichtigste in Kürze
Der Kakaopreis befindet sich seit einigen Monaten im Fall. Im Vergleich zu Ostern hat er sich halbiert.
Die Preise für Schokoladenprodukte wachsen 2025 aber weiter. Einige Hersteller greifen tief in die Trickkiste, um Kosten zu sparen.
Verbraucherschützer warnen vor der sogenannten Skimpflation: Eine Änderung der Inhaltsstoffe beeinträchtigt die Qualität der Produkte.
Der Kakaobohnenpreis durchläuft seit etwa zwei Jahren eine irre Achterbahnfahrt. Mit einer Preisexplosion von über 10.000 Euro pro Tonne zog auch der Preis für Kakaoprodukte massiv an. Seit Ostern fällt der Wert für eine Tonne Kakao stetig und liegt momentan bei etwa 5.000 Euro.
Der Rückgang weckt Hoffnung auf bald fallende Schokopreise zur Weihnachtszeit. Auf das Vorkrisenniveau wird der Preis für Schokolade laut Branchenkenner:innen zunächst aber nicht fallen. Vielmehr werden Preise seitens Herstellern weiter angezogen – und auch bei den Zutaten tricksen einige Marken mittlerweile.
Kakao-Krise: Schokoladenprodukte bis zu 60 Prozent teurer
Der Kakaomarkt wird seit Jahren von diversen Plagen heimgesucht. Dürreperioden und Krankheitsbefall des Kakaobaumes sorgten für Ernteausfälle und eine Verknappung von Kakaobohnen auf dem Weltmarkt. Folglich zogen die Preise Anfang des Jahres 2024 an, was Spekulanten dazu veranlasste, zusätzlich Bewegung in die Kakaokurve zu bringen und den Engpass weithin zu verstärken. Im Laufe des Jahres 2024 klettere der Kakaopreis dann auf einen fünfstelligen Rekordwert – die Preise in den Supermarktregalen haben sich gleichzeitig verdoppelt.
In diesem Jahr zahlen Menschen hierzulande für 125 Gramm des Lindt-Weihnachtsmanns mit der Glocke 5,99 Euro, 2024 betrug der Preis noch 4,59 Euro – also eine 30-prozentige Steigerung. Je nach Produkt fallen die Erhöhung aber verschieden hoch aus: So kosten eine 250-Gramm-Packung Dominosteine bis zu 25 Prozent mehr. Gleichzeitig müssen Verbraucher:innen bis zu 67 Prozent für 300 Gramm Lebkuchenherzen draufzahlen, wie eine Analyse der Vergleichsapp Smhaggle zeigt.
Shrinkflation: Hoher Preis, kleinere Menge
Und nicht nur an den Preisen schrauben Hersteller und Händler deutlich. Verbraucherschützer kritisieren seit der Kakaopreisexplosion, dass beliebte Marken obendrein noch an der Menge sparen. Die Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh) klagte vor diesem Hintergrund gegen den Milka-Hersteller Mondelez, da sich die Füllmenge ohne Hinweise von 100 Gramm auf 90 Gramm reduzierte und somit Kund:innen eine "Mogel-Packung" vorgelegt wurde.
Nach der sogenannten Shrinkflation folgt jetzt der nächste Aufreger: Hersteller passen Zutatenlisten diverser Produkte an, um Produktionskosten niedrig zu halten. Um ein Produkt aber als Schokolade bezeichnen zu dürfen, gelten festgelegte Standards: Produzenten müssen demnach einen Mindestanteil von 35 Prozent Kakaotrockenmasse und 18 Prozent Kakaobutter beimischen. Der Fremdfettanteil darf jedoch nicht mehr als fünf Prozent betragen.
So darf laut "bbc"-Bericht der Riegel McVitie's Penguin and Club nicht mehr als Schokoladenriegel bezeichnet werden, da sein Kakaoanteil reduziert und lieber zu billigeren Alternativen gegriffen wurde. Auch der beliebte Schokoladenhersteller in den USA haben ihre Verpackungen überbearbeitet. Der Begriff "Milchschokolade" wurde der "New York Times" zufolge von etlichen Verpackungen entfernt und mit Begriffen wie "Schokoladenbonbons mit Erdnüssen” oder "reichhaltige Schokoladenbonbons" umgewandelt.
Herstellertricks: Kosten sparen durch billige Zutaten
Verbraucherschützer warnen auch in Deutschland vor der sogenannten Skimpflation. "Shrinkflation bedeutet: gleiche Verpackung, gleiche Aufmachung, aber weniger Inhalt. Bei Skimpflation geht es nicht um die Menge, sondern um die Qualität.", sagte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg dem Magazin "Der Pragmaticus". "Bei Schokoladenprodukten wird etwa die teure Kakaobutter durch pflanzliche Fette ersetzt. Das sieht aus wie Schokolade, ist aber qualitativ nicht das Gleiche."
Der Experte erklärt weiter, dass Änderungen zwar gekennzeichnet werden müssen, diese Verbraucher:innen aber kaum auffallen. Neben der Bezeichnung muss lediglich die Zutatenliste angepasst werden. "Für Konsumenten ist das kaum transparent und deshalb fordern wir auch, dass eklatante Änderungen den Verbraucher:innen mitgeteilt werden müssen."
Konkret hat beispielsweise die Discounter-Kette "Action" die Zutatenliste seiner mit Schokolade überzogenen Rosinen mitunter durch pflanzliches Fett ersetzt, wie Valet "ntv" mitteilte. Das Produkt wird nun unter dem Namen "Milk Chocolate Style Raisins" statt "Milk Chocolate Covered Raisins" vertrieben. Der Fall sei allerdings in Deutschland bislang eine Ausnahme und außerhalb des Billigsegments nur schwer umsetzbar, erläutert der Verbraucherschützer weiter. "Markenhersteller werden diesen Weg wahrscheinlich nicht gehen, weil es einen öffentlichen Aufschrei geben würde".
Für mehr Gewissheit beim künftigen Einkauf verweisen Verbraucherzentralen auf das Portal "Lebensmittelklarheit". Expert:innen prüfen Produkte, vergleichen Inhaltsstoffe und ermahnen Hersteller bei Versäumnissen, um "Qualitätsdumping" vorzubeugen.
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Fallender Kakaopreis: Schokolade bald wieder erschwinglich?
Der aktuelle Preisabfall ist laut Analysten neben guten Ernteerwartungen im Jahr 2025/2026 auch auf das Hinausschieben der EU-Entwaldungsverordnung zurückzuführen. Zudem führt ein Anstieg der Farmgate-Preise dazu, dass der Schmuggel weniger attraktiv wird und die Verfügbarkeiten sich somit erhöhen. Der Farmgate-Preise bestimmt den Mindestpreis, den die Bauern für Kakaobohnen erhalten. Vorerst ist man aber vorsichtig mit positiven Prognosen, da weiterhin das Risiko von Pilz- und Viruskrankheiten und schlechten klimatischen Bedingungen besteht.
Dürfen anhand der fallenden Kakaopreise Verbraucher:innen aber nun doch wieder auf moderate Preise in den Supermarktregalen hoffen? Dies sei leider nicht zu erwarten. Denn neben den oben genannten Risikofaktoren sitzen die Hersteller weiterhin auf den Kakaobohnen, die sie zu höheren Preisen eingekauft haben, was Verbraucher:innen weiterhin am steigenden Schokoladenpreis zu spüren bekommen.
Ob man hierzulande dennoch Lust hat, zum Schokoweihnachtsmann zu greifen, bleibt zunächst offen. Denn die Preisanstiege schlagen Bundesbürger:innen offenbar auf den Magen. Obwohl Hersteller wegen gestiegener Preise Rekordumsätze verbuchen, konsumieren Menschen in Deutschland weniger Schokolade. Das Verkaufsvolumen hat sich im Jahr 2024 um 3,3 Prozent auf 625.500 Tonnen verringert, wie eine Analyse des Marktforschungsunternehmens Circana zeigt.
Verwendete Quellen:
Nachrichtenagentur dpa
vzhh.de: "Skimpflation: Lebensmittel von schlechterer Qualität"
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