Strategischer Wendepunkt
Ukrainischer Sicherheitsdienst: Russische Ölplattform im Kaspischen Meer getroffen
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Der ukrainische Sicherheitsdienst berichtet über einen Drohnenangriff auf die russische Ölplattform Filanovsky im Kaspischen Meer.
Bild: picture alliance / dpa
Laut Medienberichten hat die Ukraine eine russische Bohrinsel im Kaspischen Meer mit Drohnenangriffen zum Stillstand gebracht. Experten sprechen von einer neuen Phase des Krieges.
Das Wichtigste in Kürze
Der ukrainische Sicherheitsdienst hat weitere Drohnenangriffe gegen russische Ölprojekte gestartet.
Eine der größten Offshore-Plattformen im Vladimir-Filanovsky-Feld im Kaspischen Meer wurde demnach von vier Langstrecken-Drohnen getroffen.
Laut Analysten habe die ukrainische Kampagne gegen Energieprojekte Russlands damit einen strategischen Wendepunkt erreicht.
Russland führt seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits seit über drei Jahren. Finanziert wird dieser zum Großteil aus dem Export des russischen Öls. Daher hat es die Ukraine zunehmend auf Ölprojekte des Kreml abgesehen. Nach ukrainischen Berichten wurde jetzt eine der größten russischen Bohrinseln lahmgelegt. Wie die "Kyiv Independent" unter Berufung auf den ukrainischen Sicherheitsdienst (SBU) am 11. Dezember meldet, wurde das Vladimir-Filanovsky-Feld im Norden des Kaspischen Meers von vier Langstrecken-Drohnen getroffen.
Die Förderung wurde demnach eingestellt. "Mindestens vier Treffer wurden auf der Offshore-Plattform registriert. Infolge des Angriffs wurde die Öl- und Gasförderung aus mehr als 20 Bohrlöchern eingestellt", sagte eine anonyme SBU-Quelle der Zeitung. Die Insel befindet sich etwa 900 Kilometer von der Frontlinie der Ukraine entfernt und gilt als eines der größten Offshore-Ölfelder Russlands im Kaspischen Meer.
Die Ölplattform Filanovsky gehört zum russischen Unternehmen Lukoil-Nizhnevolzhskneft. Das Vladimir-Filanovsky-Feld wurde 2005 durch Lukoil entdeckt und von Russlands Präsident Wladimir Putin 2016 eingeweiht. Es hält schätzungsweise 129 Millionen Tonnen Öl und 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas an Reserven. Täglich werden 120.000 Barrel Öl durch die Anlage gefördert. Das Erdöl wird über das Kaspische Pipeline-Konsortium (CPC), eine Schlüsselroute der globalen Energieinfrastruktur aus Kasachstan, exportiert. Von Lukoil wurde auf Reuters-Anfrage bisher keine Stellungnahme abgegeben.
Explosionen im Kaspischen Meer: Mahnung an Russland
"Die Explosionen im Kaspischen Meer sind eine weitere Mahnung an die Russische Föderation, dass alle ihre Unternehmen, die für den Krieg arbeiten, legitime Ziele sind.", hieß es seitens der Quelle des Sicherheitsdienstes. Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, habe sich das russische Verteidigungsministerium nicht zu dem Angriff geäußert. Russische Luftabwehrsysteme hätten aber über Nacht 287 ukrainische Drohnen abgeschossen, die alle auf dem Weg nach Moskau waren, so eine Mitteilung des Ministeriums.
Die Drohnen würden nach ukrainischen Medienberichten vom Alpha-Sonderoperationszentrum des SSU betrieben. Demnach sei dies der erste Angriff der Ukraine auf russische Ölinfrastruktur im Kaspischen Meer gewesen, mit dem Ziel, die Einnahmen für die Kriegswirtschaft des Kreml zu schwächen. Die Ukraine habe Berichten zufolge erstmalig auch Anlagen zur Kohlenwasserstoffgewinnung in der Kaspischen Region gezielt angegriffen.
Die Angriffe finden im Rahmen einer großangelegten Kampagne gegen die russische Energieinfrastruktur statt. In diesem Jahr hat die Ukraine zahlreiche Drohnenangriffe gegen Moskaus Energieanlagen durchgeführt. Die Attacken richten sich hauptsächlich gegen Ölraffinerien im europäischen Teil Russlands.
Ukrainische Angriffe im Kaspischen Meer: Neue Phase des Krieges erreicht?
Nach ukrainischen Berichten habe die Ukraine durch koordinierte Aktionen des Sicherheitsdienstes, der Spezialeinheiten, des Hauptnachrichtendienstes und des staatlichen Grenzschutzdienstes bereits rund 20 Prozent der russischen Ölraffineriekapazitäten lahmgelegt. Mitunter waren die russische Ölraffinerie Orsk und die Ölpumpstation Tingovatovo (Tschuwaschien) Ziele von Drohnenangriffen des SBU.
Kurz zuvor erreichten auch Meldungen über Angriffe auf einen sanktionierten russischen Tanker "Dashan" im Schwarzen Meer die Öffentlichkeit. Das Schiff fahre unter der komorischen Flagge und gehöre zur sogenannten russischen "Schattenflotte". Es sollen bereits drei solcher Schiffe durch ukrainische Drohnen getroffen worden sein.
Laut Beobachtern sei durch die jüngsten Angriffe im Kaspischen Meer eine neue Phase des Krieges und gleichzeitig eine strategische Wende für die Ukraine erreicht worden. Die Ukraine signalisiere damit eine wachsende Bereitschaft, auch Gewalt gegen vorgelagerte Anlagen nicht nur tief im russischen Territorium anzuwenden. Auch andere abgelegene Energieanlagen könnten fortan der Gefahr durch ukrainische Angriffe ausgesetzt sein, da die Drohnen erhebliche Entfernungen zurücklegen können.
Militärausgaben: Russlands Haushaltsdefizit vergrößert sich
Das Kaspische Meer zählt zu einem wichtigen Knotenpunkt der russischen Ölproduktion sowie für Energieexporte Zentralasiens. Analysten zufolge hat der Angriff auch erhebliche Konsequenzen für die Energielogistik der Region. Auch westliche Großkonzerne wie Chevron und ExxonMobil transportieren Rohöl durch Russland zum Schwarzmeerhafen Noworossijsk. Die CPC-Route wickelt etwa ein Prozent der globalen Ölversorgung ab. Störungen innerhalb der Route könne auch zu Volatilität auf internationalen Märkten führen.
Im Jahr 2025 förderte Russland durchschnittlich circa zehn Millionen Barrel Öl täglich und gehört damit zum weltweit drittgrößten Ölproduzenten. Der Staatshaushalt besteht etwa zu einem Drittel aus Öl- und Gaseinnahmen. Wegen eines mitunter rückgängigen Weltmarktpreises für Öl wird erwartet, dass das russische Haushaltsdefizit sich 2025 auf 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vergrößert. Dies übt immensen Druck auf die Kriegswirtschaft der Russischen Föderation aus, da die militärischen Ausgaben für den Angriffskrieg gegen die Ukraine sich weiter verringern könnten.
Verwendete Quellen:
kyivindependent.com: "Russian oil rig in Caspian Sea halts production after Ukrainian drone strike, SBU source says"
Nachrichtenagentur Reuters
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