Start im Dezember
Reformstaatsvertrag: Das ändert sich für ARD, ZDF und Co
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von dpaBis Ende November mussten alle 16 Landesparlamente über die geplante Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abstimmen.
Bild: Soeren Stache/dpa
Weniger Programme, mehr Mediathek: Was Nutzer:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab Dezember konkret erwartet – und warum der Streit um den Rundfunkbeitrag trotzdem weitergeht.
Nach zähen Verhandlungen und mehreren politischen Anläufen steht die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nun tatsächlich vor dem Start: Am morgigen 1. Dezember tritt der Reformstaatsvertrag in Kraft. Alle 16 Landesparlamente haben zugestimmt.
In Brandenburg war die Abstimmung politisch besonders holprig: Die dortige SPD/BSW-Koalition von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) - die einzige bundesweit - hatte bei der Abstimmung im Landtag keine eigene Mehrheit. Eine Mehrheit der BSW-Fraktion stimmte wie angekündigt mit Nein. Die oppositionelle CDU sicherte jedoch die Zustimmung zu der Reform.
Auch in Sachsen war es zuvor knapp: Dort war die Abstimmung intern umstritten und politisch schwierig, einige Abgeordnete stimmten entgegen der Linie ihrer Fraktionen, und erst durch Stimmen aus der Opposition kam eine Mehrheit zustande. Damit wurde die Reform auch dort nur knapp ratifiziert.
Was sieht die Reform eigentlich vor?
Die Bundesländer wollen, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio (die verschiedenen Sender des Deutschlandfunks) moderner und schlanker werden. Künftig soll es weniger Radio- und Fernsehprogramme geben, Doppelstrukturen sollen abgebaut und die Zusammenarbeit zwischen den Sendern gestärkt werden. Ziel ist es, die öffentlich-rechtlichen Angebote besser an die digitale Medienwelt anzupassen und Geld zu sparen. Das heißt konkret: Einige Radiowellen werden zusammengelegt oder ins Netz verlagert, Spartenprogramme wie spezielle Musik- oder Kinderwellen könnten reduziert werden. So sollen etwa das junge Programm Puls des Bayerischen Rundfunks, MDR Klassik und NDR Blue eingestellt oder digital weitergeführt werden.
Gleichzeitig sollen zentrale Inhalte – Nachrichten, Kultur, Bildung und regionale Berichte – erhalten bleiben. Welche Programme genau wegfallen, entscheiden die Sender selbst. Mehr Inhalte sollen zudem über Mediatheken, Audiotheken oder die Onlineangebote der Sender abrufbar sein, damit Zuschauer und Zuhörer sie flexibel nutzen können.
Was hat das alles mit dem Rundfunkbeitrag zu tun?
Der Reformstaatsvertrag betrifft den Rundfunkbeitrag nicht direkt. Der Beitrag, den alle Haushalte derzeit zahlen, liegt bei 18,36 Euro. Eine mögliche Erhöhung wird separat behandelt. Die unabhängige Kommission KEF hatte empfohlen, den Beitrag ab 2025 zu erhöhen, einige Länder wollten einer Erhöhung aber erst zustimmen, wenn Reformen umgesetzt sind. Da sich die Länder nicht einigen konnten, haben ARD und ZDF das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet, das voraussichtlich 2026 endgültig entscheiden wird.
Warum gibt es so viel Streit um den Beitrag?
Einige Länder meinen, die Sender hätten sich noch nicht genug reformiert – erst sparen, dann mehr Geld, so das Argument. Andere Länder und die Sender selbst sagen, Reformen kosteten zunächst Geld und machten sich erst später bezahlt. Die KEF prüft unabhängig, wie viel Geld gebraucht wird. Doch ohne politischen Konsens bleibt die Finanzierung blockiert, was für Unsicherheit sorgt.
Kann die Reform in Kraft treten, wenn über den Beitrag noch gestritten wird?
Ja, das ist möglich – und genau das ist die aktuelle Besonderheit: Die Reform der Strukturen und der Auftrag der Sender startet nun zum 1. Dezember, auch wenn es beim Beitrag keine Einigung gibt. Für den Beitrag bleibt aber vorerst alles beim Alten. Die Finanzierung der Sender bleibt damit ein offener Punkt. Die Länder erwarten, dass die Sender in der Zeit ohne Beitragserhöhung auf Rücklagen zurückgreifen.
Was sagen die Beteiligten?
Die Politik lobt den Reformstaatsvertrag als wichtigen Schritt, aber viele hätten sich klarere Vorgaben gewünscht. Die privaten Medien finden die Kürzungen richtig, hätten sich aber noch mehr Mut erhofft. Die öffentlich-rechtlichen Sender betonen, dass sie schon viele Einsparungen umsetzen und der Reformprozess anspruchsvoll sei. Medienexperten warnen vor Akzeptanzproblemen – solange Beitrag und Auftrag nicht klar geregelt sind, bleibt der Streit wohl bestehen.
Wie geht es weiter?
Mit der Zustimmung aller 16 Länderparlamente ist das Verfahren nun formal abgeschlossen. Über die Finanzierung und eine mögliche Beitragserhöhung wird aber eben erst nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entschieden.
Was wäre, wenn ein einzelnes Bundesland den Rundfunkstaatsvertrag kündigt?
Rechtlich wäre das möglich – und wohl ein ernstes Problem. Nach Einschätzung des ARD-Vorsitzenden Florian Hager kann ein Bundesland einen Staatsvertrag einseitig kündigen, ohne dass die Landtage beteiligt wären. Einen Präzedenzfall dafür gibt es bislang nicht.
Laut ARD-Justiziar Steffen Janich würde eine Kündigung die Rechtsgrundlage für den betroffenen Sender aufheben: Er dürfte dort nicht mehr senden, und auch der Rundfunkbeitrag könnte in diesem Land nicht mehr erhoben werden. Das hätte Folgen für die Finanzierung des gesamten ARD-Systems.
Ganz unrealistisch ist dieses Szenario nicht: Ausgelöst wurde die Diskussion durch eine Ankündigung des AfD-Spitzenkandidaten in Mecklenburg-Vorpommern, Leif Holm, im Fall eines Wahlsiegs den Rundfunkstaatsvertrag zu kündigen.
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