"Der Durst bringt sie zurück in die Tunnel"
Nach Gefangenschaft zurück ins Leben: Wie eine Psychologin die Hamas-Geiseln unterstützt
Veröffentlicht:
von Jana Wejkum:newstime
Exklusiv-Interview: Psychologin Einat Yehene über ihre Arbeit mit den freigelassenen Hamas-Geiseln
Videoclip • 23:56 Min • Ab 12
Zwei Jahre waren die letzten Geiseln der Hamas ausgeliefert, während ihre Familien in Israel für ihre Rückkehr kämpften. Im :newstime-Interview spricht eine Psychologin über den langen Weg zurück in die Normalität.
Genau 738 Tage - so lange hat es gedauert, bis auch die letzten 20 Geiseln in der Gewalt der Hamas die Freiheit erlangten. Die Bilder ihrer Freilassung gingen um die Welt. Doch die Rückkehr ist nur der erste Schritt: Das Grauen des 7. Oktobers 2023, die lange Gefangenschaft und der Krieg haben viele Wunden hinterlassen - nicht nur bei den Geiseln und ihren Angehörigen. "Eine kollektive Wunde, die wir heilen müssen", sagt Dr. Einat Yehene.
Yehene weiß, wovon sie spricht: Sie ist eine der Psycholog:innen, die die israelischen Geiseln nach ihrer Befreiung betreuen werden. Seit zwei Jahren leitet sie die Rehabilitation in der Gesundheitsabteilung des Forums für Geiseln und vermisste Familien in Tel Aviv. Die klinische Neuropsychologin forscht dazu, wie psychologische Mechanismen die Wahrnehmung von Verlust und die Anpassung an Notzeiten beeinflussen.
Essen, Trinken, Sonnenlicht: Das überwältigende Gefühl von Freiheit
Im Interview mit :newstime spricht Yehene darüber, wie die Betroffenen das lange Eingesperrtsein und die unverhoffte Freilassung erleben.
"Je länger die Geiseln in Gefangenschaft waren, desto schlimmer ist ihr mentaler und physischer Zustand", so Yehene. Die letzten Freilassungen hatten im Januar stattgefunden, die nun Freigekommenen mussten also zweihundert Tage länger in Gefangenschaft verbringen. Videos aus ihrer Geiselhaft haben gezeigt, dass sie "psychologischen Terror" und Hunger hatten ertragen müssen, erklärt die Expertin.
"Der Übergang von einem Leben in den Tunneln zurück in die Realität ist überwältigend", sagt Yehene. Die Geiseln müssten teils erst lernen, wieder zu gehen, "nachdem sie monatelang angekettet waren". Reichhaltiges Essen, Sonnenlicht, menschliche Gesellschaft - all das sei ihnen in Gefangenschaft fremd geworden. Alltägliches könne die Betroffenen an ihr Trauma erinnern: "Der Durst bringt sie zurück in die Tunnel."
Ein erster Schritt: Wünsche der Freigelassenen respektieren
Yehene betont, es sei am wichtigsten, "das Gefühl von Sicherheit, Stabilität und Autonomie" wieder herzustellen. Dazu müssten die Wünsche der Freigelassenen respektiert werden. Schon Kleinigkeiten könnten einen Unterschied machen, sagt sie. Zum Beispiel: "Die Möglichkeit, vor dem Treffen mit ihrer Familie zu duschen - das ist der erste Moment, in dem sie allein sein können nach zwei Jahren ohne Privatsphäre."
Im Interview erklärt Dr. Einat Yehene außerdem, warum der Prozess der Freilassung auch gefährlich und traumatisierend sein kann, wie genau das Wiedersehen mit der Familie abläuft und welche Rolle die Politik dabei spielt.
Das bewegende Interview mit Psychologin Einat Yehene und wie sie den Geiseln und ihren Familien dabei hilft, zurück ins Leben zu finden, siehst du oben im Video!
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